Erlangen und Möhrendorf wiesen auf Missstände hin

18.6.2017, 17:30 Uhr
Erlangen und Möhrendorf wiesen auf Missstände hin

© Anestis Aslanidis

Lebensmittel verbrauchen, statt sie wegzuwerfen: Der Ortsverband der Grünen in Möhrendorf regte zum Tag der offenen Gesellschaft dazu an, bei Nahrungsgütern besser zweimal hinzuschauen.

Ob es die originalverpackte Wurst ist, deren Mindesthaltbarkeitsdatum um einen Tag überschritten wurde, oder die nicht genug gekrümmte Gurke, die aufgrund abstrus anmutender EU-Vorschriften gar nicht erst in den Verkauf geht: Nach wie vor landen tonnenweise Lebensmittel auf dem Müll, die durchaus noch essbar wären.

Es ist ein Problem, das auch dem Ortsverband der Grünen in Möhrendorf sauer aufstößt. "Verzehren statt Verschwenden" lautet daher die Devise, wie Monica Zeller, Vorstandsmitglied, erklärt: "Es ist schade, wenn es sich bei den Lebensmitteln dann auch noch um Obst oder Gemüse handelt, das von weit her eingeflogen wurde."

In der Weihnachtszeit 2016 rief sie die Foodsharing-Initiative in Möhrendorf ins Leben. Anders als bei der herkömmlichen Tafel sind die Nahrungsmittel hierbei nicht nur für sozial Bedürftige gedacht. Vielmehr soll die gesamte Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht, dass nicht alles, was auf den ersten Blick oder aufgrund gesetzlicher Regularien ein Fall für den Abfall wäre, auch einer ist.

Daher lud der Ortsverband am Samstagnachmittag zur offenen Tafel, um sich "gerettete Lebensmittel" schmecken zu lassen. Starker Wind schien dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung zu machen, einige Hartgesottene ließen es sich trotzdem nicht nehmen, ihr Abendessen schon etwas früher vor dem Rathaus in geselliger Runde zu genießen. Einer der Höhepunkte herbei: Der Brotaufstrich von Grünen-Bundestagskandidat Helmut Wening, verfeinert mit Kräutern, die er zuvor bei einer Kräuterwanderung gesammelt hatte.

Auch die kleine Runde, die sich auf dem Neustädter Kirchenplatz in Erlangen eingefunden hat, wartet mit Biokirschen und Erdnüsschen auf. Der Aufforderung auf dem Schild "Nehmen Sie Platz, diskutieren Sie, naschen Sie mit" will an diesem späten Nachmittag aber kaum jemand folgen. "In der Stadt ist viel los, die meisten wollen halt doch lieber dem Konsum frönen als sich hier an unseren Tisch zu setzen", sagt einer der Organisatoren vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac.

Auch einige Mitstreiter von Attac selbst sehen die Aktion etwas kritisch: "Bei uns in Erlangen kann man ja alles ansprechen", sagt Wolfgang Lederer-Kanawin, "wir haben keine großen Probleme mit rechten Parteien wie etwa in Niedersachsen".

Die Sätze klingen für ein Bündnis, das sich ja die Bekämpfung von Missständen auf der ganzen Welt und nicht nur in seinem Wohnort auf die Fahnen geschrieben hat, doch eher seltsam.

Die Bücher, die die Gruppe sichtbar auf eine Fensterbank gestellt hat, laden mit den Werken des Parteienkritikers Hans Herbert von Arnim, ebenfalls nicht gerade zur offenen Debatte ein. Schließlich ist der Autor für seine oft undifferenzierte Politikerschelte nicht unumstritten.

Umweltbürgermeisterin Susanne Lender-Cassens (Grüne Liste) empfindet das aber nicht als Provokation: "Da fühle ich mich nicht angesprochen, in der Kommunalpolitik ist alles etwas anders."

 

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