Abstimmung bis 18 Uhr

Erlangen: Viel Arbeit in den Briefwahlbezirken

26.9.2021, 17:00 Uhr
Wahlhelferinnen und Wahlhelfer organisieren die Abstimmung im Wahllokal 337 in der Schenkstraße 113 in Erlangen.  

© Klaus-Dieter Schreiter, NN Wahlhelferinnen und Wahlhelfer organisieren die Abstimmung im Wahllokal 337 in der Schenkstraße 113 in Erlangen.  

Der Wahlsonntag ist und bleibt für viele ein ganz besonderer Tag - auch wenn der Briefwahlanteil schon seit längerem steigt. Im Bundeswahlkreis Erlangen gibt es daher für die Briefwähler dutzende extra Bezirke mitsamt ihren Auszählungsorten, in denen die Briefwahlstimmen zusammenlaufen. Ein besonders großer Ort ist die Heinrich-Lades-Halle, schon vor Schließung der Wahllokale ist dort viel zu tun.

Denn die Unterlagen müssen zunächst geprüft werden, ob etwa die Eidesstattliche Versicherung dabei ist und die Daten mit der Liste der Wahlberechtigten übereinstimmt. "Das ist viel Arbeit", sagt der ehrenamtliche Wahlhelfer Stephan Löcher. Schon am späten Nachmittag liegen 940 Wahlbriefe vor ihm und den anderen Freiwilligen: "Das sind schon mehr als bei der letzten Kommunalwahl, bei der ich dabei war", sagt er.

Wenn alles korrekt ist, werden dann die roten Umschläge mit dem Stimmzettel in die Wahlurne gegeben - und natürlich erst nach 18 Uhr aufgemacht. Angst, sich bei der Arbeit mit dem Coronavirus anzustecken, hat er nicht, es herrschen schließlich die Pandemie-Maßnahmen.

Insbesondere im Corona-Jahr stimmen viele vorab ab, so die Expertise etlicher Experten, der gemeinsame Ausflug ins Wahllokal mit anschließendem Spaziergang gehöre für so manchem der Vergangenheit an.

Doch viele suchen an diesem 26. September 2021 nach wie vor "ihr" Wahllokal in der Nachbarschaft auf - zum Beispiel in der Georg-Zahn-Schule mit den Wahllokalen 336, 337 und 338 in der Erlanger Schenkstraße. Dort herrscht kurz vor elf Uhr reges, aber mit Blick auf die Pandemie keinesfalls riskantes Treiben. Die Frauen und Männer, die sich meist in Familiengrüppchen dem Schul- und Sportgebäude nähern, setzen (wenn sie den Mund-Nasen-Schutz ohnehin nicht schon tragen) ihre Masken auf, halten Abstand und desinfizieren ihre Hände an den angebrachten Spendern.

"Warum ich zum Wählen gehe und keine Briefwahl mache?" - der Mann, der gerade das Wahllokal verlässt, reagiert auf die Frage doch ziemlich überrascht. "Das ist doch so das Normale", sagt er, "ich hatte auch keinen Grund, Briefwahl zu machen, bin weder im Urlaub noch sonst aus irgendeinem Grund verhindert." Seine Familie habe das schon immer so gemacht: am Vormittag zur Wahl und am Abend dann gemeinsam die Ergebnisse am Bildschirm verfolgen.

Vorm Wahllokal trifft man Nachbarn und Bekannte

Genauso sieht es bei Familie Demleitner aus. Mutter Elisabeth ist mit Katharina (18) und Hannah (21) zum Wahllokal gekommen, mit dabei haben die beiden Erstwählerinnen auch noch ihre Freundin Luise Grunert (19), die ebenfalls erstmals zur Wahl kann. "Am Sonntag zur Wahl zu gehen, ist unser Ritual", erzählt Elisabeth Demleitner, "wir laufen immer die Straße runter und treffen dann auch immer Leute, die man lange nicht mehr gesehen hat", sagt sie, während sie Nachbarn und Bekannten "hallo" zuruft.

Die Wahl ist für Familie Demleitner also ein "soziales Event", auch die beiden Töchter (die dritte hat wegen eines Praktikums vorab Briefwahl gemacht) haben das aus ihrer Kinderzeit übernommen und sind nun stolz, erstmals selbst ihre Bürgerinnenpflicht erfüllen zu dürfen. "Warum sollten wir Briefwahl machen, wir sind hier und mit doppelter Impfung und Mund-Nasen-Schutz kann auch gar nichts passieren", sagen die beiden.

Für ihr erstes Kreuz haben sich die drei jungen Frauen bestens informiert: "Wir haben vorher genau gewusst, was und wen wir wählen und dann ist es im Wahllokal auch erstaunlich schnell gegangen", sagen sie, "als wir noch nicht wählen durften, ist uns das Warten draußen immer viel länger vorgekommen."

Lange dauert es an diesem Vormittag im Wahllokal tatsächlich nicht, es gibt auch keine Staus und oder in Pandemie-Zeiten besonders gefürchtete lange Schlangen. "Es tröpfelt hier seit Öffnung schön beständig", berichtet Wahlhelfer Werner Huber. Der städtische Mitarbeiter hat schon bei mehreren Wahlen mitgeholfen, einen großen Unterschied zur vergangenen Bundestagswahl merkt er nicht: "Vielleicht sind es ein paar weniger als sonst, aber nicht viele".

Wahlhelfer ist zufrieden: "Die Leute halten die Corona-Regeln ein"

Auch das Einhalten der Corona-Regeln funktioniert prima, erläutert er. "Jeder nimmt die Bestimmungen ernst, manche haben ihre eigenen Stifte mitgebracht, niemand drängelt und alle bleiben auf Abstand", sagt er, "bisher habe ich wegen fehlendem Mundschutz noch niemanden ermahnen müssen." Sein Dienst, der um 7.30 Uhr mit Aufbau und Organisation begonnen hat, geht bis 12.45, dann ist Pause für ihn bis 18 Uhr. Und dann geht die Auszählungsarbeit richtig los.

Auf diesen Moment warten auch die Parteien mit Spannung. Noch am Samstag, 25. September, herrschte bei strahlendem Sonnenschein an ihren Ständen in der Erlanger Innenstadt heftiges Treiben. Politiker sowie ihre Wahlhelferinnen und Wahlhelfer verteilten noch einmal Flyer, Info-Material und auch Giveaways an Passanten und suchten mit dem ein oder anderen noch den Austausch über Wahlprogramm und Kandidaten: "Viele, die bei uns vorbeikommen, sagen, sie haben schon Grün gewählt, der Briefwahlanteil ist schon sehr hoch", sagt beispielsweise der Erlanger Stadtrat Markus Bazant. Dennoch fänden auch am letzten Tag vor der Abstimmung noch viele gute Gespräche statt, es gebe auch noch einige Unentschlossene, die man vielleicht noch überzeugen könne.

Mit eben solchen "Unentschlossenen" ist einige Meter entfernt auch Tina Prietz im Gespräch: Die Direktkandidatin der Grünen klärt gerade noch über die soziale Komponente auf, die neben der ökologischen bestehen müsste. Auch kritische Fragen zur Spitzenkandidatin Annalena Baerbock muss Prietz noch beantworten: "Ja", sagt sie, "Annalena Baerbock wird die Stellen in dem Buch ändern, sobald sie dazu Zeit hat, jetzt war sie ja noch mit dem Wahlkampf beschäftigt".

Plagiatsvorwürfe hatten Baerbock die vergangenen Wochen im Wahlkampf negativ begleitet - auch in Erlangen ist das noch wenige Stunden vor dem Urnengang eine (unangenehme) Frage, die sich die Grünen stellen lassen müssen. Doch die Umfragen sehen auch kurz vor der Wahl gut aus. Kein Wunder, dass sich Bazant und Co. da siegessicher geben: "Wir haben viel geleistet und es waren ganz viele Aktive dabei, das muss natürlich hinterher auch gefeiert werden."

Mit Blick auf Corona hat die CSU ganz bewusst auf eine Feier verzichtet. " Das hat weniger damit zu tun, dass wir denken, wir hätten am Sonntagabend keinen Grund zu feiern", sagt der Bundestagsabgeordnete und Direktkandidat Stefan Müller, "schließlich ist der Unterschied in den Umfragen zwischen SPD und Union jetzt nicht so groß". Vielmehr liege der Verzicht auf eine Wahlparty an der Pandemie, erläutert Müller weiter. Nach der Wahl würde den Wahlhelferinnen und Wahlhelfern, die die vergangenen Wochen für die CSU geworben haben, ohnehin nochmal extra für ihren Einsatz gedankt, sagt er.

Einer, der für die CSU natürlich kräftig Wahlkampf gemacht hat, ist Christian Lehrmann. Der Vorsitzende der Erlanger Stadtratsfraktion ist am Tag vor der Wahl fast ein wenig wehmütig: "Dann ist bis zur nächsten Wahl alles vorbei", sagt er. Doch am Samstag ist er noch voll dabei, reicht seine Broschüren an Interessierte weiter und taucht in Gespräche ein. Ein Trend sei erkennbar, da solle man sich nichts vormachen, aber er sei Optimist und glaubt, dass die CSU schließlich über 30 und die Union insgesamt deutlich über 25 Prozent komme.

SPD ist kurz vor der Wahl in guter Stimmung

Etwas in Feierlaune ist bereits vor der Wahl der Ko-Kreisvorsitzende und stellvertretende Fraktionschef Munib Agha. "Die Stimmung ist gut", sagt er am Wahlstand. Der Wahlkampf mache auch mehr Spaß als bei der vergangenen Bundestagswahl 2017, sagt er, auch in seinem Bekannten- und Freundeskreis werde er schon seit Wochen über die SPD und ihren Spitzenkandidaten Scholz befragt. "Das war vorher nicht so", sagt er und lächelt dabei.

Bei der vergangenen Bundestagswahl sah es tatsächlich anders aus: Damals erhielten im Stimmkreis 242 Erlangen bei den Zweitstimmen die CSU 35,56, die SPD 17,36, die Grünen 13,48, die Linke 7,54, die FDP 10,16 und die AfD 9,47. Am Ende war der Bundestag mit Martina Stamm-Fibich (SPD), Britta Dassler (FDP), Stefan Müller (CSU) und Paul Podolay (AfD) mit vier Politikerinnen und Politiker für den Wahlkreis Erlangen 242 vertreten. Das Ergebnis der Abstimmung 2017 insgesamt: die Große Koalition.

Allein der Wahlkampf war bei dieser Bundestagswahl höchst ungewöhnlich, auf Bundes- und lokaler Ebene. In Erlangen zum Beispiel mussten erstmals rund 120 000 Wahlzettel neu gedruckt worden. Das war nötig geworden, nachdem die Freien Wähler (FW) moniert hatten, dass der Namen ihrer Direktkandidatin auf den bereits verteilten Stimmzetteln falsch geschrieben war, nämlich Anna-Carina Häußler statt Anna-Carina Häusler.

Der Artikel wurde zuletzt aktualisiert am Sonntag, 26.9.2021, um 17 Uhr.

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