Erlanger Dekan fordert Gleichberechtigung

6.10.2020, 06:00 Uhr
Erlanger Dekan fordert Gleichberechtigung

Herr Pflaum, erschreckt Sie, dass immer mehr Menschen aus der Kirche austreten?

Man erschreckt sich, wenn man mit etwas Unerwartetem konfrontiert wird. Mich machen die hohen Zahlen traurig, betrübt, nachdenklich. Aber sie erschrecken mich nicht, denn sie kommen ja nicht unerwartet.

 

Haben Sie eine Erklärung für diese Entwicklung?

Da Jesus uns empfohlen hat, den Balken im eigenen Auge nicht zu übersehen, plädiere ich dafür, mit kritischer Selbstreflexion zu beginnen.

Erstens: Die vielen Missbrauchsfälle in der Vergangenheit und die teilweise stockende Aufarbeitung haben einen massiven Vertrauensverlust bewirkt. Repräsentanten der Kirche haben das Gegenteil von dem getan, wofür die Kirche steht.

Zweitens: Wir haben zwar mit Franziskus einen glaubwürdigen Papst, aber die letzten Schreiben aus römischen Behörden zeigen, dass er sich schwer tut, die Öffnung der Kirche für Wandlungen zu fördern, weil er großen Widerstand in der Kurie überwinden muss. Diese Interventionen aus Rom belasten ja auch in Deutschland zum Beispiel den synodalen Weg. Wenn man dagegen den Glaubensverlust bei den Menschen beklagt, verdrängt man leicht, dass man vor der eigenen Haustür kehren muss.

 

Vor allem die Frauen, die in der Katholischen Kirche nach wie vor vom Priesteramt ausgeschlossen sind, fordern Reformen in der Katholischen Kirche. Eine berechtigte Forderung?

Erlanger Dekan fordert Gleichberechtigung

In der letzten Ausgabe der Zeit berichteten drei Parlamentarierinnen aus dem Deutschen Bundestag: "Wenn eine Frau redet, drehen sich viele Männer um, quatschen, hören nicht mehr zu!" Wir haben also die gelebte Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau nicht einmal im Kernort unserer Demokratie erreicht. Umso trauriger ist es, dass der katholische Diakon und Priester wohl der letzte Beruf sein wird, der für Frauen geöffnet wird. Ich wünsche mir, dass die katholische Kirche Vorbild in Gerechtigkeitsfragen ist. Das ist sie in der Armutsproblematik siehe ihre Hilfswerke oder in der Klimakrise siehe Umweltenzyklika. Aber in der Frage der Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern sollte die Kirche auch Vorbild und Vorreiter sein und nicht Schlusslicht!

 

Was kann, was muss die Katholische Kirche tun, um den Aderlass bei den Mitgliederzahlen zu stoppen?

Wir müssen mit der Aufarbeitung der Missbrauchsskandale weitermachen. Ja wir sollten uns bemühen, dass wir trauma-sensitiv werden. Dann könnten Betroffene Unterstützung in der Kirche bekommen, wenn sie das wollen. Der synodale Weg muss sich den Machtfragen in der Kirche offen stellen.

Hoffnungsvoll ist für mich, wie viele deutsche Bischöfe das Schreiben der Priesterkongregation kritisierten. Mit der Kraft des Heiligen Geistes kann der synodale Weg die respektvolle Zusammenarbeit zwischen Laien und Klerikern, Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen verbessern, so dass wir das Evangelium glaubwürdiger vorleben.

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