Erlanger Kolumne: Offen für Glück und Freude

2.8.2020, 06:00 Uhr
Erlanger Kolumne: Offen für Glück und Freude

© Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Liebe Leserinnen und Leser! "Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben."

Fröhlich mit allem Abstand erklingt dieses Lied Paul Gerhardts an diesen Sonntagen in Kirchen und im Freien – oft zum Schutz der andern noch mit Maske gesungen. Gerade in diesem Sommer ist mir das Lied und sein Text noch einmal anders wertvoll geworden.

Das sonst selbstverständliche "Ausgehen" genieße ich gerade bewusster als sonst. In vielen anderen Ländern gibt es Ausgangssperren. Wir haben "nur" kurz einmal erahnt, was sie bedeuten könnten.

Suchen bei Spaziergängen

Bei Spaziergängen merke ich, wie sich das Suchen lohnt, um etwas zu finden, worüber ich mich freuen kann. Es ändert sich tatsächlich auf meinen vertrauten Runden im Regnitzgrund dauernd etwas. Es gibt Neues zu entdecken. Manche Menschen sind mir vertraut geworden. Der Anblick von Erlangen aus verschiedenen Richtungen erweitert meinen Horizont. Vogelstimmen, Schmetterlinge, Insekten, Blumen und Gräser sind mir in ihrer Unterschiedlichkeit zu Hinguckern geworden

Ich verstehe noch besser, warum Paul Gerhardt für die Suche nach "Freud" in allen Strophen so viel von den "Gärten" und von "Gottes Gaben" in der Schöpfung singen lässt. In den Gärten ist viel zu entdecken – speziell hier in und um Erlangen: im Schlossgarten, im Aromagarten, im botanischen Garten, in tollen Vorgärten und öffentlichen Anlagen. Da kann ich mich freuen. Da können sich meine Frau und ich gegenseitig auf Schönes hinweisen. Oft gibt es Gutes zu riechen. Die "Bienenschar", der "Storch", das "Bächlein" und die "Wiesen" gibt es hier in Erlangen und Umgebung wie zur Zeit Paul Gerhardts auch zu unserer "Freud". Für mich ist das alles, was ich neu als Anlass zur "Freud" entdecke, sicher vertrauter als zu Paul Gerhardts Zeiten, wo überall noch die Folgen des Dreißigjährigen Krieges zu spüren und zu sehen waren. Es wurde vielmehr als "Segen" und "Gabe Gottes" erlebt, dass vieles schon ein paar Jahre nicht mehr verwüstet worden war, dass es manches wieder zu ernten und dann zu essen gab. Die verzweifelten Gebete und das Hadern mit Gott ging nur langsam wieder in den Dank an Gott über. Trauer ließ erst zögerlich wieder "Freud" zu.

Traurige Geschichte

Erlanger Kolumne: Offen für Glück und Freude

© Foto: Ulrich Schuster

Ich merke, dass ich anders – nämlich unter viel positiveren Umständen – als Paul Gerhardt selbst in diesem Sommer nach "Freud" suchen darf. . . noch dazu, wenn mir klar wird, dass Gerhardt in dieser Zeit seine Frau und Kinder als Gaben Gottes verloren hat. Da hätte ich nur noch sehr trotzig singen können: "Geh aus, mein Herz, und suche Freud."

Paul Gerhardts Lied hilft mir so für meine Fragen nach Gott und der Welt und in meinem Nachdenken über das Miteinander mit meinen Mitmenschen und mit Gott. Es scheint sich da erst recht zu lohnen, dass ich mit meinem Herzen und all meinen Gedanken hinausgehe, die Augen offenhalte und mir "Freud" von Gott schenken lasse.

Solche "Freud" wünsche ich Ihnen und mir in dieser Sommerzeit in und um Erlangen – oder wo immer Sie unterwegs sind.

 

Die aktuellen Gottesdienstzeiten finden Sie unter www. dekanat-erlangen.de, unter www. erlangen-evangelisch.de sowie www.nordbayern.de

 

 

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