Erlanger mahnt: "Reißt die Palmkätzchen nicht ab!"

11.3.2017, 11:30 Uhr
Erlanger mahnt:

© Foto: Julia Iannicelli

Immer mehr Bienen sterben, weil sie zu wenig Nahrung finden. Um eine Pflanze konkurrieren Mensch und Tier besonders – das Palmkätzchen.

Während es für viele zur festen Tradition gehört, Palmkätzchen am Palmsonntag zu weihen oder sie in die erste Frühlingsdeko einzubauen, sind die Weiden für Bienen überlebenswichtig. "Palmkätzchen sind eine wichtige Pollenquelle für Insekten. Sie gehören zu den ersten Pflanzen, die beginnen zu blühen", erklärt Claus Heuvemann, der Leiter des Botanischen Gartens in Erlangen.

"Nur Palmbüsche bieten nach dem Winter ausreichend Nahrung für den Nachwuchs", ergänzt Peter Hitschel. Für die Insekten führt kein Weg an der Weide vorbei: Nur sie liefern so früh im Jahr genügend Eiweiß. Außerdem nutzen die Tiere den öligen Film der Pflanze, um den Bienenstock zu desinfizieren.

Das Problem: Die Stadt rodet jetzt Hänge, Hecken und Ufer – viele Palmkätzchen fallen dem noch vor der Blüte zum Opfer. "Die Verantwortlichen stehen im Dilemma: Später kann man nicht schneiden, weil dann Vögel darin brüten", sagt Renate Hitschel. "Wir hätten es am liebsten, dass man auf das Abholzen verzichtet, dass das nicht geht, ist aber auch klar".

Peter und Renate Hitschel haken an anderer Stelle ein: Sie fordern, die Weiden auf Wiesen, Gärten und Wäldern nicht abzureißen – gerade jetzt, wo der Palmsonntag vor der Tür steht. "Wenn es von der Kirche propagiert werden würde, könnte man auf ähnliche Pflanzen umsteigen", schlägt Renate Hitschel vor. "Naturschutz und die Wahrung der Schöpfung sind ja auch Anliegen der Kirche". Der Appell richtet sich nicht ausschließlich an die Kirche: "Es sind ja nicht nur gläubige Katholiken, die abreißen, die Zweige werden auch für Dekorationen benutzt".

Brauch nicht festgeschrieben

Josef Dobeneck, der katholische Dekan Erlangens, kann das Problem nachvollziehen. "Die Tradition geht auf den Einzug Jesu in Jerusalem zurück. Die Menschen haben Jesus mit Palmenzweigen begrüßt", erklärt er. "Da es im Westen keine Palmen gab, haben sich die Menschen einen Ersatz gesucht". In Europa ist die Tradition seit Mitte des achten Jahrhunderts belegt.

"In den Überlieferungen steht, dass neben Palmkätzchen auch Buchsbaumzweige verwendet wurden", so der Dekan. Das Palmkätzchen verwendet werden müssen, ist also nicht festgeschrieben: "Es könnte natürlich auch etwas anderes sein". In Polen würden Gestecke aus getrockneten Blüten genutzt werden.

Denjenigen, die nicht auf die Zweige verzichten wollen, schlägt er vor: "Man kann die Zweige nicht einfach abreißen. Aber man könnte sich Zweige holen, die bei Bachsäuberungen abgesägt wurden und dann liegen bleiben".

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