Erlanger Stadtrat findet viele Kompromisse zur Hupfla

30.10.2019, 06:00 Uhr
Erlanger Stadtrat findet viele Kompromisse zur Hupfla

"Die Idee und die Planung für das Max-Planck-Zentrum (MPZ) für Physik und Medizin stammen von Erlanger Wissenschaftlern", sagt Prof. Vahid Sandoghdar, Direktor in dem in Erlangen ansässigen Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, bei der Vorstellung des Neubauvorhabens der Max-Planck-Gesellschaft in der Sitzung des Stadtrates am Donnerstag. Für den Bau des ZPM und eines Forschungsgebäudes der Uniklinik auf dem Universitäts-Nordgelände sollen die knappe Hälfte des denkmalgeschützten Kopfbaus der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt ("Hupfla") abgerissen sowie 44 Bäume gefällt werden.


BI plädiert für Hupfla mit Spitzenforschung


Man habe hart gearbeitet, um das künftige MPZ nach Erlangen zu bekommen, sagte Sandoghdar. 2015 habe man den Zuschlag von 60 Millionen Euro für die Finanzierung erhalten. "2018 durften wir ausschreiben. Die Idee ist, dass das Projekt bis Ende 2023 fertig wird." Wissenschaftler für das künftige MPZ hat man bereits jetzt nach Erlangen geholt, darunter Prof. Jochen Guck, der der Einrichtung einmal vorstehen wird, um - wie er vor den Stadträten sagte - "ein weltweit einzigartiges Zentrum aufzubauen".

Das Münchner Architekturbüro Fritsch&Tschaidse stellte das Bauvorhaben vor. Die Planung baue auf einer Machbarkeitsstudie, die 2016 im Stadtrat vorgestellt und verabschiedet wurde, sagte Aslan Tschaidse. Angrenzend an das ZPM plant das Büro auch, sozusagen als Ensemble, ein Forschungsgebäude der Uniklinik (Translational Research Center).

"Es geht um den Standort"

Im Anschluss sprach Werner Lutz vom Aktionsbündnis "Gedenken gestalten – HuPfla erhalten". "Wir sind keine Wissenschaftsfeinde, es geht nur um die Frage des Standorts", erklärte er. "Wir fordern den kompletten Erhalt des Kopfbaus", fügte er hinzu. Man wolle ein Moratorium. "Wo bleibt der Bürgerdialog, der uns versprochen wurde?" Man sei kompromisslos für Demokratie, Mitsprache und Mitwirken der Bürger.

Um den Standort ging es auch im Kurzvortrag von Prof. Manuel Bäumler, Vorsitzender des Erlanger Baukunstbeirates. Bäumler ist Professor für Städtebauliches Entwerfen am Institut für Städtebau und Regionalplanung der TU Dresden. Er ging auf ein Grundsatzproblem bei der Planung für das MPZ ein.

In der Ausschreibung 2018 habe es geheißen, "die vorhandene Bebauung ist aus denkmalpflegerischer Sicht nicht erhaltenswert, so dass für die Planung von einem unbebauten Grundstück ausgegangen werden kann". Genau dies sei aber nach gängiger Fachmeinung "nicht mehr, wie man das heute macht". Er sei der Meinung, dass man sowohl einen Neubau realisieren wie auch die "Hupfla" erhalten könne.

Alt und Neu

Eine Symbiose von Alt und Neu sei möglich, dies sei "ein weltweit ganz normaler Umgang mit Geschichte". Dazu zeigte Bäumler Bilder mit Beispielen aus verschiedenen Städten. "Ich bin der Meinung, dass der dritte Weg machbar ist." In einer Untersuchung, die vorher nie stattgefunden habe, könne man dies in kurzer Zeit nachweisen.

Der Erlanger Heimatpfleger Konrad Rottmann gab sich als derjenige zu erkennen, der eine Petition zum Erhalt des Kopfbaus der Heil- und Pflegeanstalt und der nördlich vorgelagerten Grünfläche beim Landtag eingereicht hat. Er bezweifelt, dass der Abwägungsprozess der Bauverwaltung, der die Abbruchgenehmigung rechtfertigt, abgeschlossen ist — zum Beispiel, weil Planungsalternativen fehlen. Es sei gut, wenn Erlangen als erste Großstadt in Bayern den Klimanotstand ausrufe, sagte Rottmann weiter. Es sei nicht gut, wenn im gleichen Atemzug dem Abbruch einer Baumasse zugestimmt werde, die etwa 40 bis 50 Einfamilienhäusern entspricht.

Für Spitzenforschung

OB Florian Janik machte sich in einer vom Beifall der Stadträte von SPD, CSU und FDP begleiteten Rede für das Uniklinikum sowie den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Erlangen stark. Es sei hervorragend, was "in unser aller Stadtkrankenhaus" geleistet werde, und dazu gehöre auch, dass die Uniklinik Spitzenforschung treiben kann.

Er verwies darauf, dass sich alle Oberbürgermeister der Stadt seit Jahrzehnten dafür einsetzen, dass das Klinikum sich auf dem Innenstadtgelände entwickeln kann. Dann setzte es eine verbale Ohrfeige für den Planungsreferenten Josef Weber, mit dem der OB gänzlich unzufrieden war, weil er trotz vom Stadtrat gefasster Beschlüsse für das Neubau- und Abrissvorhaben öffentlich geäußert hatte, dass Neubau und Denkmal-Erhalt beidermaßen möglich wären. Aufgrund der öffentlichen Diskussion seien bereits eine Menge Kompromisse geschlossen worden, so Janik.

Der Beirat zu Schaffung eines Gedenkortes für die Opfer der NS-Krankenmorde habe mit Jörg Skriebeleit einen der renommiertesten Experten für die Erstellung eines Konzeptes beauftragt. Man dürfe nun die Ansiedlung von Forschungsbauten nicht dadurch gefährden, dass man den Antragstellern die Planungssicherheit nehme. "Wir sind dabei, etwas zu schaffen, was uns das Label Medizinstadt nach außen tragen lässt. Dafür legen wir in großer Gemeinschaft den Grundstein."

Übereinstimmend stellten Stadträte von SPD, CSU, FDP und Freier Wählergemeinschaft fest, dass man auf dem richtigen Weg sei — sowohl mit der Forschung als auch mit dem Gedenken an die "Euthanasieopfer". "Ich bin froh, dass der OB sich zumindest in dieser Sache klar geäußert hat", sagte CSU-Stadtrat Kurt Höller. Die großen Parteien SPD und CSU würden für Verlässlichkeit stehen.

Ohne ZPM kein TRC 4

Die Architektin Tanja Ulrich von der Max-Planck-Gesellschaft in München nannte es "unredlich", dass Professor Bäumler Bilder aus aller Welt zeige und dass so getan werde, als könne man so ein riesiges Projekt auf Anfrage kurz mal umplanen. Das gehe einfach nicht. Man habe es geprüft, doch ein Kombination von Alt und Neu sei nicht möglich.

Rechtsreferent Thomas Ternes meinte, dass es rechtliche Möglichkeiten für einen Bürgerentscheid nicht gebe. Der Kaufmännische Direktor des Universitätsklinikums, Albrecht Bender, wies zuletzt noch darauf hin, dass es ohne das ZPM der Max-Planck-Gesellschaft auch kein TRC 4 der Uniklinik geben könne.

Für dieses Forschungsgebäude habe man zwölf Millionen Euro vom Freistaat zugesagt bekommen. Jeder Monat Bauverzögerung bedeute aber eine Steigerung der Kosten um jeweils 60 000 Euro. "Wir bitten Sie, das Fortkommen zu unterstützen, damit wir nicht auf den letzten Metern stolpern."

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