Frauentag in Erlangen: Eigene Stärke gezeigt

8.3.2015, 17:30 Uhr
Frauentag in Erlangen: Eigene Stärke gezeigt

© Foto: Harald Sippel

Dass eine Frau, ausgestattet durchaus auch mit vermeintlich männlichen Strategien wie Zielstrebigkeit, Ehrgeiz und Innovationsgeist, zur Topp-Managerin einer nicht nur zahlenmäßig großen Universität werden kann, zeigte die neue Kanzlerin der Universität Erlangen-Nürnberg, Sybille Reichert. In ihrem Festvortrag beim von der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) veranstalteten Frauenempfang anlässlich des Internationalen Frauentages zeigte sie sich als eine Führungskraft, die an sich den Anspruch als zupackende „Macherin“ ebenso stellt wie den, durch gutes Management für ein gutes Arbeitsklima und transparente Strukturen für Aufstiegschancen auch für Frauen zu sorgen.

Familie mit im Blick

Dabei stellte sie die „Andersartigkeit einer Laufbahnentwicklung“ in den Mittelpunkt, die „multifaktorielle“ Karriereplanung von Frauen, die in ihre berufliche Zukunft stets Faktoren aus ihrer Lebens(um)welt mitberücksichtigten. Dies habe sich bei ihr in einer Vielzahl von unterschiedlichen Berufsansätzen niedergeschlagen, die nur den Wunsch gemeinsam hatten, „es möge etwas mit Bildung zu tun zu haben“. Von der Beratungstätigkeit für Hochschulen (teils auch mit einer eigenen Firma) bis hin zur Strategieplanerin an der Technischen Hochschule Zürich habe sie – stets auch ihre Familie im Blick – mit dem Posten der Kanzlerin an der Uni Erlangen eine Situation gefunden, „in der ich viel gestalten kann“.

Auch wenn sie ursprünglich keineswegs nach Erlangen habe kommen wollen, habe sie eine Universität angetroffen, an der es viel zu verändern gebe. In Sachen Gleichstellungs- und Gender-Politik habe es aber bereits eine erfolgreiche Arbeit gegeben, die Frauen das Studium und die Arbeit an und mit der Universität stark erleichterten. Für sie gehe es nun darum, den objektiven Anforderungen an die moderne Universität – von der Internationalisierung bis zur in Wirtschaft und Politik hineinreichende Zusammenarbeit – zu managen, die lange Zeit vernachlässigte Personalpolitik zu stärken und die Universität stärker als bisher zur Dienstleisterin der Gesellschaft zu machen. Die erforderlichen veränderten Kommunikationsformen und -prozesse täten Frauen und Männern gleichermaßen gut.

Bildung statt Vorurteile

Für die ASF hatte SPD-Bezirksrätin Gisela Niclas anlässlich des 20. Jubiläums des Erlanger Frauenempfangs der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Heide Mattischek als Geburtshelferin und der ehemaligen Bürgermeisterin Ursula Rechtenbacher als unermüdliche Streiterin für Frauenrecht gedankt. Sie forderte im Angesicht einer neuen europaweiten Bildungsstudie eine „gender-gerechte Bildung“ – wenn Mädchen in Mathematik schlechter seien als Knaben, sei dies Ausdruck für Benachteiligung und frühe Prägungen, nicht von Talentmangel. Ein Lob fand sie auch für den Mindestlohn, der die durch die Hartz-IV-Gesetze in Gang gesetzte Abwärtsspirale stoppen könne.

Die Bundestagsabgeordnete Martina Stamm-Fibich verteidigte die vom Bundestag verabschiedete Frauenquote in Vorständen großer Unternehmen als einen „ersten Schritt“ – Frauen müssten gleichwohl ihren eigenen Weg gehen. Sie forderte, die unverzichtbaren sozialen Berufe aufzuwerten und Alleinerziehende zu stärken. Lob gab es für die Kämpferin für eine Stadt-Umland-Bahn, Ester Schuck aus Uttenreuth. Deren Beharrlichkeit sei Vorbild für den Einsatz für dieses zukunftsträchtige Verkehrsmittel, das zu bewerben auch Sache der Frauen in Stadt und Landkreis sein müsse.

Die Landtagsabgeordnete Alexandra Hiersemann – wie ihre Bundestagskollegin Martina Stamm-Fibich auch Kreisrätin – nahm den Hinweis auf das neue Quoten-Gesetz im Bund als Anlass zur Klage, dass auch in bayerischen Staatsunternehmen die Frauen stark unterrepräsentiert seien. Immerhin sei die Staatsregierung mit einem Frauenanteil von 27 Prozent schon etwas weiter. Viel Gelächter erntete sie mit einem Zitat der ehemaligen Generalbundesanwältin Monika Harms: „Frauen müssen alles doppelt so gut machen wie Männer, um anerkannt zu werden — glücklicherweise ist das nicht schwer.“

Viel Beifall erntete auch die Singer-Songwriterin Elke Voltz von „Kick La Luna“, die mit einem furiosen Soloauftritt die Sonne in das Foyer des Kunstpalastes hereinlockte: „Ich tanze aus der Reihe, ich tanze hinaus in Freie: Es riecht nach Aufbruch!“

Arbeitswelt kritisiert

Bei einem Kabarett-Nachmittag der IG-Metall-Frauen im fifty fifty stand erneut die Arbeitswelt in der Kritik. Dass Frauen immer noch benachteiligt seien, wenn es um berufliche Entwicklungsmöglichkeiten, Entgeltgerechtigkeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familien gehe, sei nicht hinzunehmen, sagte Elisabeth Mongs, 2. Bevollmächtigte der IG Metall in Erlangen. Es gehe auch nicht an, dass dadurch Altersarmut, prekäre Beschäftigung und der Fachkräftemangel verstärkt würden.

Die 1. Bevollmächtigte Silvia Heid fordert neue Arbeitszeitmodelle, die im Übrigen auch im Interesse junger Männer in den Unternehmen lägen. Weitsichtige Arbeitgeber hätten den Zusammenhang zwischen einer hoch qualifizierten Mitarbeiterschaft und familiengerechten Arbeitszeitmodellen längst erkannt. In Kleinunternehmen sei dies aber schwieriger umzusetzen. Trotzdem führe daran kein Weg vorbei, so Heid und Mongs.

Bereits am Samstag hatte die Erlanger Gruppe von Amnesty International (ai) mit einer Aktion auf dem Hugenottenplatz gegen Folter an Frauen protestiert und mit einer inszenierten Folterung die Aufmerksamkeit der Passanten geweckt. Frauen und Männer aus den Stadtratsfraktionen hatten die Aktion unterstützt und in kurzen Statements die anhaltenden Folgen der Folter beklagt. Folter an Frauen werde zudem häufig von sexueller Gewalt begleitet, Familien und ganze Gesellschaften dadurch und zusätzlich zur allgemeinen Unterdrückung gedemütigt

ai mit Protestaktion

Dinah Radtke vom Zentrum für selbstbestimmtes Leben Behinderter beklagte die Hilflosigkeit, mit der Behinderte Verachtung und Gewalt über sich ergehen lassen müssten. Die Stadträtin Pierrette Herzberger-Fofana sprach im Namen des Dachverbands der Migrantinnen-Organisationen davon, dass gerade Flüchtlingsfrauen vielen Formen von Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt seien. Diese forderten auch keineswegs Sonderrechte, sondern die bloße Gültigkeit der Menschenrechte auch für sie. Die ai-Studierendengruppe hatte sich zudem für die von sexueller Gewalt betroffenen Frauen in El Salvador stark gemacht.PETER MILLIAN

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