Gastronom in Erlangen: "Mir ist das Geld ausgegangen"
Das Gaststätten- und Hotelgewerbe machte auf seine schwierige Situation aufmerksam. - 02.03.2021 19:00 Uhr
Die Maske haben sie nur kurz fürs Foto abgenommen: Die Familie Schuh mit Metzgermeister Norbert, Koch Andreas und Restaurantfachmann Christian (v. li.).
01.03.2021
Die Nachbarn waren die ersten, sagt Norbert Schuh. Als er mit seinen Söhnen Christian und Andreas den Tisch und das Bett ins Freie getragen und alles feierlich geschmückt hatte, als würde gleich, so wie früher, ein Brautpaar mit Hochzeitsgesellschaft in Kleinseebach eintreffen, da haben die Nachbarn hinübergesehen, was da denn los ist.
Norbert Schuh musste den Nachbarn die Freude nehmen: Doch gelungen war sie damit bereits, die Aktion, die auf die schwierige Situation des Gaststätten- und Hotelgewerbes im Pandemie-Lockdown hinweisen sollte. "Da geht’s um Aufmerksamkeit", sagt Norbert Schuh.
40 Jahre alter Familienbetrieb
40 Jahre alt wird die Gaststätte Schuh in diesem Jahr, schon die Eltern führten den Familienbetrieb, mittlerweile sind die Söhne als Koch und Restaurantfachmann aktiv, Vater Norbert als Metzger und seine Frau sowieso überall da, wo Hilfe im Betrieb gebraucht wird. "Es tut weh, wenn man sieht, dass wir alles tun – und trotzdem geschlossen haben müssen", sagt Norbert Schuh.
Er plädiert für langsame Öffnungen etwa des Biergartens, an der frischen Luft sei die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung ohnehin gering. Bis dahin freuen sich die Schuhs über die Unterstützung der Stammkunden, die ihr Essen zum Abholen bestellen. "Das reicht gerade so zum Überleben."
Schöner wäre es aber freilich, wenn die vielen Ausflugstouristen endlich auch wieder im schattigen Biergarten sitzen dürften. Und die Nachbarn sowieso.
38 Prozent weniger Umsatz
Auch Olaf Nies hat seine Stammgäste. Die, die kommen, um Fußball im "Dartmoor Inn" in der Oberen Karlstraße in Erlangen zu gucken und danach noch am Tresen mit Freunden fachsimpeln. "Das alles", sagt Nies, "gibt es ja seit Monaten nicht mehr." Auch er hat daher bei der Aktion des BHG mitgemacht, um, wie er sagt, darauf aufmerksam zu machen, "dass wir alles tun, aber trotzdem die Ersten waren, die zumachen mussten und die Letzten sind, die wieder aufmachen dürfen".
Dabei, so Nies, wurde bis heute kein Fall bekannt, in dem sich Menschen in der Gaststätte trotz Abstand und Maskenpflicht angesteckt hätten. 38 Prozent Umsatz im Vergleich zum Vorjahr hat das "Dartmoor Inn" nach Angaben des Chefs nur noch gemacht, trotz staatlicher Hilfen und einer Spendenaktion ist Olaf Nies das Geld ausgegangen. "Leben Sie mal ein Jahr lang von den Rücklagen", sagt er bitter.
"Leben SIe mal von Rücklagen"
Sorgen ums Dartmoor Inn müsse man sich zwar noch keine machen, aber die Fish and Chips zum Abholen, die er kürzlich wieder anbot, helfen ihm, wenigstens seine Privateinkäufe zu finanzieren. "Die Menschen vergessen, dass die Hilfen, um die Unkosten des Pub zu decken, nicht meine Privatverluste auffangen." Zu allem Unglück ist Olaf Nies nun aufgefallen, dass das gelagerte Bier das Ablaufdatum überschritten hat. Und das hat es vorher nun wirklich noch nie gegeben.
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CHRISTOPH BENESCH

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