Geringverdiener in Zeiten der Pandemie: Lebkuchen sind nicht mehr drin

18.12.2020, 05:15 Uhr
Geringverdiener in Zeiten der Pandemie: Lebkuchen sind nicht mehr drin

© Foto: Klaus-Dieter Schreiter

In den ersten Dezembertagen war die "Fundgrube" in der Erlanger Langfeldstraße bis zum neuerlichen Lockdown besonders gefragt. Ab diesem Mittwoch (16. Dezember) nun ist die Anlaufstelle bis auf Weiteres geschlossen. Doch allein am bisherigen Interesse erkennt Monika Köhler, die als Leiterin der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit (Kasa) für den Gebrauchtwarenladen der Diakonie zuständig ist, ganz klar: Es ist ein besonderes Weihnachten.

"Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und Angst vor Entlassung: Die wirtschaftliche Situation spürt man bei unseren Kunden enorm, es fehlt an allen Ecken und Enden."

Alleinerziehende und Senioren kaufen hier ein

Es sind vor allem Alleinerziehende, aber auch Geringverdiener, die mit magerem Lohn eine Familie ernähren müssen und mit einer Bescheinigung in dem Diakonie-Laden einkaufen. Auch Senioren mit winziger Rente decken sich in der Einrichtung mit Geschirr und Haushaltswaren oder Bett- und Tischwäsche ein. "Sie kaufen die Ware für einen kleinen symbolischen Betrag, das ist etwas ganz anderes als Almosen zu bekommen und deshalb für die Menschen sehr wichtig, es bedeutet Wertschätzung und zeigt, dass wir mit ihnen auf Augenhöhe sind." Dieses Modell bewährt sich auch schon seit Langem in der Caritas-Boutique in der Erlanger Mozartstraße.

"Wir merken, dass es in diesem Jahr für viele ganz schön eng wird"

Gerade wenn es um Weihnachtsgeschenke geht, ist das eigene Kaufen für die Kunden wohl besonders wichtig. Schließlich wollen auch die Besucher der Diakonie-Einrichtung ihren Töchtern und Söhnen ein möglichst schönes Fest bereiten – gerade, weil diese Kinder in oft beengten Wohnverhältnissen besonders unter dem Lockdown-Alltag leiden. "Wir merken, dass es in diesem Jahr für viele Familien ganz schön eng wird und die Eltern bei uns sehr viel Kinderkleidung und Spielzeug für die Weihnachtszeit kaufen", erzählt Monika Köhler noch vor den jüngsten Corona-Schließungs-Beschlüssen der Politik.

Auch völlig Unbenutztes wird gespendet

Manchmal bekommt die Diakonie neben gebrauchter auch völlig unbenutzte Ware gespendet: "Dann bekommen unsere Kunden auch mal Sachen, die neu sind; sie sind sehr dankbar, dass sie damit in der kalten Zeit ihre Kinder gut versorgen können und ihnen auch etwas zu Weihnachten schenken können."

Auch in einer weiteren Diakonie-Einrichtung, der Tafel, merkt man die Ausnahmesituation. Diese Einrichtung hat bislang weiter offen, schließlich versorgt sie Menschen mit notwendigen Lebensmitteln — gerade jetzt, zu Corona-Zeiten. Denn die Zahl der Berechtigten nimmt zu, in den vergangenen Wochen haben die freiwilligen Helfer und Helferinnen immer mehr neue Ausweise etwa für Familien mit niedrigem Einkommen und Rentnern ausgestellt, berichtet die Leiterin Elke Bollmann.

Die Pandemie hat viele Jobs vernichtet

Die Menschen an den Ausgabestellen in Erlangen und in Herzogenaurach im Landkreis Erlangen-Höchstadt werden mehr: "Zum einen sind es Neukunden, zum anderen aber auch Menschen, die, auch wenn sie einen Berechtigungsschein haben, aber länger nicht mehr bei uns waren. Bei ihnen ist die Bedürftigkeit und Not jetzt wieder so groß, dass sie die wöchentliche Lebensmittelspenden von uns dringend brauchen."

Das überrascht Bollmann nicht: Viele Kunden stammen aus dem Niedriglohnsektor mit befristeten Arbeitsverträgen, die Pandemie hat vor allem ihre Jobs vernichtet, zudem wird da auch kein Weihnachtsgeld gezahlt. Die Folge: Die Schlangen an den Ausgabestellen sind unter Einhaltung aller Sicherheits- und Hygieneabstände lang, die Lebensmittel-Regale der Tafel-Ehrenamtlichen nach jeder Ausgabe leergefegt.

Hier können Sie helfen:

Weihnachtsgebäck, Schokolade, Lebkuchen, Dominosteine oder auch Nikoläuse: Die Erlanger Tafel, die auch eine Ausgabestelle in Herzogenaurach betreut, freut sich über alles, was ihren Kundinnen und Kunden und vor allem den Kindern ein bisschen Weihnachtsstimmung vermittelt. „Es wäre wunderbar, wenn die Leser und Leserinnen der Erlanger Nachrichten uns bei dieser Aktion unterstützen würden“, sagt die Leiterin Elke Bollmann.

Die Spenden können, sehr gerne auch weihnachtlich verpackt, in der Ausgabestelle in der Schillerstraße 52A, jeweils montags, mittwochs und samstags, zwischen 10 und 13 Uhr, abgegeben werden: Die Helferinnen und Helfer nehmen die Lebensmittel unter Einhaltung aller Hygienekonzepte dort entgegen. Von den verschärften Corona-Maßnahmen ist die Tafel bisher nicht betroffen, sie kann also Spenden annehmen und ausgeben. Nähere Informationen dazu gibt es bei der Erlanger Tafel telefonisch unter (09131) 6301-129.

Darüber hinaus bittet die Diakonie für ihren Notfonds „Erste Hilfe gegen Armut trotz(t) Corona“ auch um finanzielle Unterstützung. Das Geld, das insbesondere im Pandemie-Jahr sehr wichtig ist, kommt Bedürftigen zugute, die unter anderem Hilfe suchen und finden in Diakonie-Einrichtungen wie der Bahnhofsmission, der Schuldnerberatung oder auch bei der Tafel. Das Spendenkonto lautet: Diakonie Erlangen, IBAN: DE46 7635 0000 0060 0258 74, BIC: BYLADEM1ERH, bei der Sparkasse Erlangen, bitte das Stichwort „Armut“ angeben. Mehr Informationen unter anderem auch zur „Fundgrube“ gibt es online unter: www.diakonie-erlangen.de

Auch die große Spendenaktion dieses Medienhauses „Freude für alle“ unterstützt Bedürftige in der Region. Weitere Informationen dazu gibt es online unter www. nordbayern.de 

 

 

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