Getötetes Rehkitz: Handelte der Landwirt beim Mähen richtig?

12.7.2019, 17:45 Uhr
Getötetes Rehkitz: Handelte der Landwirt beim Mähen richtig?

© Roland-Gilbert Huber-Altjohann

Bei dem Vorfall in der Nähe von Neunkirchen lag das Kitz stark blutend bei seiner Mutter im Gras. Ein Landwirt hatte es beim Mähen seiner Wiese erwischt, doch dies nicht bemerkt. Es war Polizeioberkommissar Christoph Reh, der das Kitz unweit seines Wohnortes fand und den Bauern informierte. Sonst wäre es wohl am anderen Tag noch schwer verletzt in der Wiese gelegen.

Der Blick des Rehs verfolgt den Polizisten noch heute

Die Dienstpistole hatte Reh, der in seiner Freizeit unterwegs war, nicht dabei, sodass der Fahrer des Mähwerks das Kitz von seinem Leid erlösen musste. Der Blick des Rehs verfolgt den Polizisten noch heute.

"Ein solches Drama beschäftigt auch einen Landwirt", betont Werner Nützel, Geschäftsführer des Bauernverbands für den Landkreis Forchheim. Meist werde den Landwirten mangelnder Tierschutz vorgeworfen, doch mit einem solchen Vorfall schade sich ein Landwirt auch selbst. So könne ein Unglück dieser Art zu Verlusten im eigenen Tierbestand führen. Nützel: "Das tote Tier gelangt ungewollt ins Futter und verdirbt es. Die Kuh, ein strikter Pflanzenfresser, frisst davon und verendet im schlimmsten Fall."

Schon allein deshalb werde der Landwirt darauf achten, dass kein Kitz angemäht wird. Vor allem zur Vorsorge durch einen Drohnenflug wird derzeit groß geworben, um solche Unfälle zu verhindern. Auch Polizeioberkommissar Reh, der die Tier- und Naturschutzfälle bei der Inspektion in Uttenreuth bearbeitet, beschäftigt sich schon aus Verpflichtung zu seinem Namen mit dem Thema Kitzrettung. Seit gemäht wird, gebe es verletzte Rehkitze.

Das Problem: die Natur des Kitzes, aber auch uneinsichtige Landwirte

Das Problem sei die Natur des Kitzes. "Bei Gefahr drückt sich das Tier auf den Boden", so der Fachmann. Seit die großen Maschinen über die Felder fahren, stieg im hohen geschützten Gras die Gefahr für die Kitze. Dass oft der Tierschutz hintenan stehe, da in immer kürzerer Zeit immer größere Flächen mit immer wuchtigeren Maschinen gemäht werden, dränge sich als Eindruck bei der Bevölkerung leicht auf.

Leider gebe es auch Landwirte, die sehr resolut mit dem zehn Meter Spannweite messenden Mähwerk durch die Wiese fahren, bedauert Hans Derbfuß, der als Jäger in seinem Revier regelmäßig zur Zeit der Mahd Wiesen durchsucht. Dies wisse er nicht zuletzt aus Gesprächen mit anderen Kollegen. Auch gebe es Jäger, die weiter weg beispielsweise in Nürnberg wohnen und nicht extra aufs Land fahren, um Wiesen abzusuchen.

Der Großteil der Landwirte jedoch rufe zuverlässig an und bitte den Jäger, Kitze aufzusuchen. "Es gibt kaum einen Arbeitsplatz, der so von der Öffentlichkeit beobachtet wird wie der des Landwirts", hebt Werner Nützel hervor. Nicht nur deshalb sei der Landwirt darauf bedacht, korrekt zu handeln. Bauern seien auch gesetzlich in der Pflicht, Vorsorge zu treffen. Es gebe keine Zahlen, wie viele Kitze durch den Einsatz von Drohnen gerettet wurden.

Der "Mäh-Knigge" soll helfen

Der Landwirt muss ein bis zwei Tage vor der Mahd den Jäger informieren. Ein Jagdhund kann denn eine Rehgeiß aufspüren. Trotzdem kommt es vor, dass das Reh mit zwei Kitzen in den Wald ausweicht, ein drittes jedoch liegen bleibt. Wenn der Landwirt dann mäht, kann es zum einem Unglück kommen. Auch das bestätigt Derbfuß. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Kitze wieder in die Wiese laufen. Manche Kollegen sperren die Kitze deshalb ein und ließen sie erst wieder frei, wenn gemäht worden ist. "Der Landwirt weiß von dieser Gefahr und achtet beim Mähen selbst noch darauf, ob Kitze versteckt sind", stellt Derbfuß heraus. Dennoch lasse sich die Gefahr nicht hundertprozentig bannen.


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Auch für den Hund ist es schwierig, ein Kitz aufzuspüren, weil es nahezu geruchslos ist. Aufgestellte Scheuchen minimieren die Gefahr, ein Restrisiko bleibt. Mit diesen Maßnahmen ist der Landwirt seiner Verantwortung nachgekommen. Ein "Mäh-Knigge" wurde nun vom Landwirtschaftsministerium aktualisiert. Diesen hat auch Christoph Reh in der Hand und weiß, dass an dem "Knigge" europaweit Interesse besteht. Werner Nützel kennt auch den Grund dafür. In anderen Ländern Europas werde der Tierschutz nicht so ernst genommen. Trotz der Aufklärung werden auch bei uns immer wieder Rehkitze von den scharfen Klingen der Mähwerke verletzt.

"Das ist wie im Straßenverkehr. Es lässt sich nicht verhindern. Auch auf der Straße werden Hasen, Rehe und Igel überfahren oder verletzt liegen gelassen — trotz Warnschild", so Nützel. Teils sind die Fahrer zu schnell unterwegs, teils sind sie alkoholisiert, sodass sie nicht die Polizei informieren. Leider hielten sich nicht immer alle an die Vorgaben. Außer den Rehen sind noch andere Tiere von den Mähmessern gefährdet: Igel, bodenbrütende Vögel oder Hasen. Auf sie sollte ebenfalls geachtet werden, betont Derbfuß.

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