Gewalt in Erlanger Krankenhäusern: "Hemmschwelle gesunken"

19.1.2019, 16:41 Uhr
Gewalt in Erlanger Krankenhäusern:

© Friso Gentsch/dpa

Die alarmierenden Berichte des Nürnberger Klinikums über zunehmende Gewalt gegen Mitarbeiter verfolgen auch die hiesigen Häuser mit großem Interesse: "Ich habe beim Zeitunglesen gedacht, das könnte bei uns ähnlich aussehen", sagt der Pressesprecher des Universitätsklinikums Johannes Eissing.

Sein Blick in die Statistik und seine Nachfrage beim privaten Sicherheitsdienst gaben ihm zum einen Recht, zum anderen nicht: Tatsächlich hat sich in der Erlanger Klinik die Qualität von Beleidigungen, Bedrohungen oder gar körperlicher Gewalt gesteigert, nicht aber die Quantität. 2018 mussten Sicherheitsleute 95-mal zu Hilfe kommen. Bei rund 500.000 ambulant behandelten Patienten (ebenfalls 2018) und davon mehreren Tausenden Notaufnahmen ist das prozentual gesehen nicht wirklich viel. 2015 waren es noch 175 Einsätze.

Seit einigen Jahren rufen Klinikmitarbeiter den Security-Dienst somit zwar seltener, dafür aber bei schlimmeren Zwischenfällen zu Hilfe: "Die Hemmschwelle zwischen einer bloßen Beschwerde und Beleidigung und handfester Gewalt ist tendenziell eher gesunken", so Eissing.

Messer und Schlagring

Das Personal insbesondere in der chirurgischen und internistischen Notaufnahme wird von Patienten und/oder deren Angehörigen beleidigt, geschubst, angefasst oder bedroht: "Da wird schon einmal ein Messer oder ein Schlagring gezückt." In solchen Fällen ruft der herbeigeeilte Sicherheitsdienst, der auch mit Patrouillen über das Klinikgelände und Videoüberwachung für Ordnung sorgt, schon mal die Polizei.

Natürlich sind das Ausnahmen. Und natürlich sind bei besonderer Aggressivität auch meist Rauschmittel wie Alkohol und Drogen im Spiel. Am Wochenende steigt die Zahl der Zwischenfälle damit zwangsläufig. Der Rückgang der Security-Einsätze liegt zum einen an dem immer mehr durch Deeskalationstraining geschulten Personal, das mit Gesprächen die Situation entschärft.

Zudem sind die Notaufnahmen nachts mit einer Klingel versehen. "Da können die zehn Kumpel nach einer Schlägerei mit ihrem verletzten Freund nicht mehr so einfach mit hinein", sagt Eissing.

Ins Klinikum am Europakanal, das zu den Bezirkskliniken Mittelfrankens gehört, werden Patienten im Akutbereich (etwa nach einem Unterbringungsbeschluss) ohnehin oft mit Polizei oder Rettungsdienst gebracht und auch dort stellen die Klinikmitarbeiter dann eine Zunahme an Gewalt gegen das Personal fest.

Die Patienten, etwa Alkoholkranke oder Frauen und Männer mit Psychosen, würden auf den Stationen dann oft auffällig, berichtet Silke Berkmann aus der Pressestelle der Bezirkskliniken Mittelfranken. Dabei kommen verbale Attacken gegen Mitarbeiter ebenso vor wie Handgreiflichkeiten und Gewalt.

Einen Grund hierfür sieht die Sprecherin unter anderem in den nun restriktiveren Fixierungsbestimmungen. "Es ist ja einerseits gut, dass man nicht mehr so viele Zwangsmaßnahmen anwendet", sagt Berkmann. Andererseits führe das aber eben zu mehr Zwischenfällen in den Kliniken.

Das fangen die Einrichtungen aber mit zusätzlichen Schulungen in Deeskalation und medizinisches Fachwissen über Krankheitsbilder ab — und im Fall eines Falles kommt auch im Klinikum am Europakanal ein Sicherheitsdienst den Mitarbeitern zu Hilfe. Und im Waldkrankenhaus? Dort war auf Anfrage dazu bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe keine Auskunft zu bekommen.

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