Gibt es bald eine "Kippenpolizei" in Erlangen?

5.8.2020, 19:00 Uhr

2,7 Millionen achtlos weggeworfene Zigarettenkippen pro Quadratkilometer verunstalten laut Forschern der Technischen Universität Berlin im Schnitt die Umwelt. Das macht bei einer Fläche von 44 Quadratkilometern 118 800 000 Filter allein in Erlangen. In den kleinen, weggeworfenen Stengeln schlummern bis zu 4000 verschiedene chemische Stoffe, die nicht nur durch Regen in den Boden geraten.

Von der Politik allein gelassen fühlt sich in seinem Kampf gegen die Kippen-Flut Manfred Bruchner – bekannt als "Kippen-Manni". Der Rentner will der "Kippen-Pandemie" in Erlangen den Garaus machen und kämpft schon lange für eine bessere Abfallwirtschaft. Bruchner beklagt die Flut an weggeworfenen Stummeln, die er, bewaffnet mit Handschuhen und Plastikbeuteln, besonders an Busendhaltestellen und auf größeren Plätzen wie dem Neustädter Kirchenplatz aufsammelt.

Ein Antrag, der wie gerufen kommt

Für ihn kommt der Antrag der ÖDP-Stadtratsfraktion, in dem die Ausarbeitung einer stadtweiten Strategie gegen Zigarettenkippen gefordert wird, wie gerufen. Als sofortige Maßnahme sollen Bodenaschenbecher und Mülleimer mit überdachten Einsätzen installiert werden. Das Gift werde durch herumliegende Kippen schließlich langsam aber kontinuierlich in die Umwelt abgegeben. "Das ist ein schwerwiegendes Problem. Die Kippen sind an nicht zugänglichen Orten wie Kellerschächten und um Bäume kaum mit der Kehrmaschine zu erreichen", sagt Joachim Jarosch (ÖDP). Auch ÖDP-Stadträtin Barbara Grille bemängelte, dass nicht genug gegen das Rauchen auf Spielplätzen getan werde. Auch hier sei häufig alles vermüllt mit Kippen. Laut Studie kann das Verschlucken von nur drei Kippen zu Vergiftungen bei Kleinkindern führen.

Gefährlich für Kleinkinder

Mehr als drei Stummel können Atemstörungen, Krämpfe und Blutdruckabfall auslösen. Seit 2010 gilt in Bayern ein generelles Rauchverbot für alle öffentlich zugänglichen Spielplätze. Verstöße können mit Bußgeldern geahndet werden. Doch zu Kontrollen komme es kaum, so Grille.

Das Problem sei vielschichtig, sagt Jarosch. Allein mit passenden Entsorgungsmöglichkeiten werde das Problem nicht gelöst. Eine Art Raucherpolizei, ausgestattet mit den entsprechenden Kompetenzen, brauche Erlangen. "Wenn das in bayerischen Städten wie Augsburg geht, dass der Ordnungsdienst hier Bußgelder verhängen kann, dann sollte das in einer Stadt wie Erlangen auch gehen.

Mülleimer werden geklaut

In Nürnberg hat sich inzwischen einiges getan. "Dort wurden Bodenaschenbecher etwa am Hauptbahnhof installiert," so Jarosch. Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) sieht die Verantwortung bei jedem Einzelnen: "Kein noch so gutes Konzept kann die Vernunft der Menschen ersetzen. Wir können nicht überall Mülleimer aufstellen. An Endhaltestellen und Haltestellen mit viel Betrieb haben wir bereits die Müllbehälter aufgestellt. Ärgerlicherweise wurden diese immer wieder gestohlen. Wir tauschen sie mit neuen Behältern aus, die man nicht so leicht mitnehmen kann. Wir sehen es als kein ganz großes Thema in Erlangen und setzen mehr auf Aufklärung."

Schließlich werde regelmäßig sauber gemacht und es gebe bereits Aschenbecher. "Man sollte meinen, dass das genügt", so Janik. Deswegen sei aber noch kein kommunaler Ordnungsdienst nur für Zigarettenkippen geplant. Die Stadtreinigungstrupps seien bereits unterwegs, sagt Marcus Redel vom Betrieb Stadtgrün, Abfallwirtschaft und Straßenreinigung. Er hielte einen Ordnungsdienst für vernünftig: "Wir werden demnächst schwerpunktmäßig Holzbänke reinigen. Leider werden hier Zigaretten zwischen den Holzsprossen entsorgt."

Inzwischen arbeite man an einem Konzept, für das man sich bei den Nürnberger Kollegen informiert. Das soll dann in der Stadtratssitzung im September vorgestellt werden.

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