Grüne Kreuze: Bauernproteste im Landkreis Erlangen-Höchstadt

3.11.2020, 21:00 Uhr
Grüne Kreuze: Bauernproteste im Landkreis Erlangen-Höchstadt

© Max Danhauser

"Das ist eine Art stiller Protest", sagt Kreisobmann Ort. Der Bayerische Bauernverband nennt die Kreuze, die Land auf, Land ab überall auf Feldern zu finden sind, auf seiner Homepage ein "Mahnmal gegenüber Politik und Gesellschaft."

Viele Landwirte kämpfen um ihre Existenz, sie sehen sich auf absehbare Zeit dazu gezwungen, ihre Betriebe zu schließen. Sie klagen unter anderem über steigende Auflagen und eine immer umfangreicher und komplizierter werdende Bürokratie. Durch Dumpingpreise für Nahrungsmittel geraten die Märkte durcheinander, den Bauern bleibt ein geringerer finanzieller Ertrag.

Idee mit den Kreuzen stammt aus der Nähe von Köln

All das, befürchten die Landwirte, werde dazu führen, dass in der Region noch mehr Landwirtschaft "ausstirbt". Um auf sich und diese Probleme aufmerksam zu machen, stellen die Bauern seit einem Jahr an einigen Orten auch in der Region grüne Kreuze auf ihren Feldern auf.

Auf die Idee kam vor einem Jahr Willi Kremer-Schillings, ein Landwirt aus Rommerskirchen nordwestlich von Köln. Im Netz ist der promovierte Agrarwissenschaftler als "Bauer Willi" aktiv, er betreibt einen Blog und setzt sich für Landwirte ein.

Nachdem der Agrarpakt der Bundesregierung Anfang September letzten Jahres verabschiedet wurde, wollte "Bauer Willi" eine Aktion ins Leben rufen, um zu zeigen, dass landwirtschaftliche Betriebe "sterben" können. Als Symbol stellte er am 7. September 2019 zwei grüne Kreuze auf eines seiner Felder – und ein Foto davon ins Netz.

Einladung von der Ministerin

Mit Folgen: Viele andere Landwirte, die Kremer-Schillings Sorgen teilen, sprangen auf den Zug auf. Auf Anfrage erzählt der streitbare Landwirt, dass es deutschlandweit rund 10.000 solcher Protestsymbole zu sehen gab. Und die erregten ordentlich Aufmerksamkeit.

Die Bauernproteste, die auch mit der sich danach gegründeten Initiative "Land schafft Verbindung" immer mehr Gehör verschafften, ließen die Politik aufhorchen. Kremer-Schilling erzählt, er sei unter anderem zu einem Gespräch mit Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner nach Berlin eingeladen worden. Die Sorgen der Bauern wurden gehört, die Landwirte in die Diskussion um die Landwirtschaftspolitik eingebunden.

Landwirtschaft kämpft gegen mehr als schlechtes Wetter

Dadurch habe man einen neuen Zugang erhalten, sagt Gerhard Lang, Fachberater beim Bauernverband Erlangen-Höchstadt. Er findet die Aktion der grünen Kreuze gelungen. Denn die Kreuze machen auf die Probleme der Landwirtschaft aufmerksam: "Das zeigt, dass die Landwirtschaft mit mehr als schlechtem Wetter und Trockenheit zu kämpfen hat." Ein Erfolg, den alle ansprechen: Bei der Ausweisung sogenannter roter Gebiete lenkte die Politik ein.

Nach der Düngeverordnung waren diese Sonderzonen dort ausgewiesen worden, wo zum Beispiel Nitrat-Werte im Boden zu hoch waren. Das bedeutete höhere Auflagen für die Bauern in den betreffenden Regionen, auch für jene, deren Felder eigentlich nicht betroffen waren.

Es hat sich einiges getan

Die Landwirte kritisierten unter anderem, dass zu großräumig gemessen werde, es brauche mehr Messtellen, um potenzielle Gebiete kleiner zu halten. Die Zahl der Messstellen wurde tatsächlich erhöht, die Ausweisung solcher Gebiete reduziert.

Seit einem Jahr hat sich für die Landwirte also einiges getan. Doch längst kommen hierzulande neue Forderungen und Verordnungen auf die Bauern zu. Der Protest geht weiter, so, wie am Feld der Familie Groß bei Kairlindach. Kreisobmann Robert Ort sagt: "Wir sind noch nicht am Ende."

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