Hupfla in Erlangen: Ringen um Gedenken für NS-Opfer

25.2.2019, 06:00 Uhr
Hupfla in Erlangen: Ringen um Gedenken für NS-Opfer

© Harald Sippel

Der Kopfbau der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt ("Hupfla") soll zur Hälfte abgerissen werden. An dieser Stelle soll das "Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin" gebaut werden. Die Max-Planck-Gesellschaft, die Friedrich-Alexander-Universität und das Universitätsklinikum wollen in dem interdisziplinären Forschungszentrum modernste Forschung auf patientenrelevante Fragestellungen in der Medizin anwenden.

"Wenn man hier Hand anlegt, dann reißt man ein Stück Erinnerungskultur ein", meint dagegen Pfarrer Johannes Mann. "Wir haben jetzt die Chance, den letzten Patientenbau der Heil- und Pflegeanstalt zum authentischen Ort des Erinnerns und Lernens, des Dokumentierens und des Erforschens der Geschichte der Opfer zu machen."

Hier hat sich das größte Verbrechen abgespielt

Hupfla in Erlangen: Ringen um Gedenken für NS-Opfer

© Harald Sippel

Wenn man abreiße, werde es späteren Generationen kaum mehr möglich sein, sich einen Eindruck zu verschaffen von diesem gigantischen Gebäude und den damit zusammenhängenden Verbrechen.

Es handle sich um ein Areal, so Johannes Mann, in dem sich das größte Verbrechen abgespielt hat, das Erlangen jemals in seiner Geschichte erlebt habe. Bis zu 2500 Menschen seien von dort in den Tod geschickt oder vor Ort umgebracht worden. "Wir dürfen uns jetzt nicht wie in den 60er und teilweise 70er Jahren verhalten, als wir die NS-Vergangenheit überhaupt nicht aufgearbeitet haben, sondern die Abrissbirne die Geschichte erledigen ließen. Es ist viel zu viel weggerissen worden. Deshalb muss nun dieses noch verbliebene Gebäude, das auch architektonisch hervorsticht, erhalten bleiben als Mahnmal für das, was sich da abgespielt hat."

Bringschuld der Universität

Er habe sehr großen Respekt vor der Forschung, sagt Johannes Mann. "Wir haben ihr viel zu verdanken." Er könne auch das Argument verstehen, dass die Universität weitere Forschungsareale für sich beanspruchen möchte. "Aber hier geht es erst einmal um eine Bringschuld der Universität im Blick auf die Aufarbeitung der eigenen Geschichte und der Geschichte der Medizin hier in Erlangen. Wenn weiter abgerissen werden soll, dann ist das auch ein weiteres Abreißen der Verantwortung."

Die Max-Planck-Gesellschaft müsse sich fragen, ob sie an dieser Stelle überhaupt bauen wolle. Zwar betreibe sie inzwischen ein großes Opfer-Forschungsprojekt und arbeite die Vergangenheit auf. Ihr Vorläufer, die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Berlin, sei jedoch Profiteur der schrecklichen Mordserie der "T4"-Aktion gewesen.

Die Forscher der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft experimentierten mit den Gehirnen ermordeter behinderter Menschen. "Noch viele Jahre nach dem Krieg wurde in der Max-Planck-Gesellschaft an sterblichen Überresten von Opfern der NS-Diktatur geforscht", berichtete die Süddeutsche Zeitung im April 2017. Noch 2015 habe man in einem Archiv der Organisation Hirnschnitte von NS-Opfern entdeckt.

 

 

 

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