"Immer schön im Rhythmus atmen!"

15.8.2019, 06:00 Uhr

© Foto: Harald Hofmann

Ein Dutzend Tänzerinnen im Alter von Anfang bis Mitte Zwanzig formiert sich zum Kreis. Lediglich ein Mann hat sich ebenfalls zum Workshop angemeldet. Aller Augen ruhen auf OG (sprich: Odschii) House mit seinen Rastalocken, der in New York House-Tanz unterrichtet.

Die ersten Schritte und Bewegungen sind ganz leicht. Fuß anheben mit der Ferse nach oben, ganz langsam wie in Trance, nach vorne schlappen. Ganz einfach. Doch was ist das? Die Beine gehen nicht mehr geradeaus, sondern überkreuzen sich, ganz relaxed. Irgendwie denkt man jetzt an Omas Hefezopf oder an die Brezelwindung. Und dabei schaut das ganz locker aus, spielerisch und natürlich, ohne dabei über die eigenen Füße zu stolpern. Nun geht die Schar nach vorne, aufeinander zu, dreht sich nach vier Schritten um 180 Grad und geht weiter aufeinander zu, diesmal aber im Rückwärtsgang. Es folgen Viertel- und halbe Drehungen nach rechts und links, schließlich kreisen die Hüften, rutschen die Schultern nach oben und unten, hebt sich der Brustkorb und sackt wieder nach unten, als ob die Rippen aus Gummi wären.

Aber das ist erst der Anfang. Nun folgen die Floormoves, die Tanzbewegungen auf allen Vieren. Damit niemand ausrutscht, streut OG House erstmal Pulver auf den Boden. Nun bilden beide Beine ein großes O, das Becken sinkt sachte gen Boden, und dann beugt sich der Oberkörper nach links, der linke Arm berührt den Boden, der rechte weist gen Himmel. Und nun aus der Drehung heraus zirkelt das rechte Bein ausgestreckt über den Boden, und sobald die Bewegung zum Ende gekommen ist, verlagert sich das Körpergewicht übers Becken vom linken auf den rechten Fuß, und nun zirkelt das linke Bein. "Die Kunst besteht darin, nicht die Knie zu überlasten", rät OG House. "Ach ja, und dabei die Atmung nicht vergessen, immer schön im Rhythmus atmen, dann geht alles viel leichter!"

So also funktioniert House. In einer Pause erzählt die 22-jährige Luulu von ihrer Passion. "Eigentlich tanze ich Hiphop. Den House-Workshop mache ich mit, um mein Repertoire zu erweitern und damit auch mein Hiphop davon profitiert. Die Floormoves haben es mir dabei besonders angetan." Ist das alles Kopfarbeit oder geht das irgendwann in Fleisch und Blut über? "Zwanzig Prozent sind Talent", schätzt Luulu, "die übrigen achtzig sind Arbeit."

Für Afro ist Isaac zuständig. Nach kurzen einführenden Worten über den angolanischen Tanzstil geht es sogleich zur Sache. Jeder tanzt für sich auf der Stelle, die Haltung kerzengerade, Arme und Beine jedoch wuseln herum, immer wieder hebt sich ein Bein und fährt aus der Beuge, streckt sich und kickt mit der Ferse den Boden. Doch niemals gerät der Körper ins Stampfen oder Trampeln, sondern streichelt geradezu mit Ferse oder Fußkante den Boden, dieweil die Arme abwechselnd nach oben weisen und über die Schenkel streicheln. "Sehr footworklastig", schätzt Isaac den Afro ein. Stimmt. Schaut sehr sportlich aus. Wirkt aber ungemein stolz

und befreiend.

 

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