Intellektuelle sollen sich beteiligen

27.1.2019, 15:00 Uhr
Intellektuelle sollen sich beteiligen

© Archivfoto: Bernd Böhner

"In der Philosophie kann man frei denken. Mit Hilfe des eigenen Verstandes hat man eine unbeschränkte Weltsicht, unbeeinflusst von religiösen Dogmen. Das fasziniert mich an der Philosophie", sagt Theodor Ebert, emeritierter Professor der Uni Erlangen, über die Wissenschaft, mit der er sich seit 60 Jahren beschäftigt. Am 28. Januar 1939 in Telgte im Münsterland geboren, wurde der Grundstein der späteren Liebe zur Antike schon im altsprachlichen Gymnasium gelegt. Nach der Schule studierte er Philosophie, Germanistik, Romanistik und Klassische Philologie in Münster, Heidelberg und Paris.

In der Neckarstadt schrieb er dann auch seine Doktorarbeit. Zu diesem Zeitpunkt habe Ebert kurz mit dem Gedanken gespielt, Journalist zu werden. Als er für seine Arbeit die Bestnote "summa cum laude" erhielt, entschloss er sich aber, in der Wissenschaft zu bleiben. Nach einem weiteren Studium der antiken und analytischen Philosophie an der Universität Oxford kam er als Assistent an die Friedrich-Alexander-Universität (FAU), wo er sich auch habilitierte und eine Professur für Philosophie erhielt. Obwohl sein Name auf der einen oder anderen Berufungsliste für andere Universitäten stand, blieb er bis zu seinem Ruhestand 2004 in der Hugenottenstadt.

"Zum Glück bin ich nie an eine andere Uni berufen worden", meint Ebert, seine Familie und er wollten gerne in Erlangen bleiben. Seit 1972 lebt er hier und schätzt die handliche, weltoffene Stadt mit den kurzen Wegen. Hier kenne man die Leute schnell und "hier ist man aufgeschlossen und nicht so katholisch".

Forschung und Lehre

Sowohl Forschung als auch Lehre hätten ihm immer Spaß gemacht. "Eines meiner schönsten Erlebnisse war, als eine Studentin nach Jahren zu mir kam und sich bei mir für den Logik-Kurs bedankte, den ich gegeben hatte. So etwas hört man natürlich gern", sagt er verschmitzt.

Sein Schwerpunkt ist die Philosophiegeschichte, besonders haben es dem Freigeist, der nach dem Studium aus der katholischen Kirche ausgetreten ist, die griechischen Philosophen der Antike und ihr aufklärerisches Gedankengut angetan. Aristoteles und Platon sind seine Lieblingsdenker, über die er Bücher und viele Aufsätze verfasst hat. In seinen zahlreichen Publikationen beschäftigte er sich aber auch mit dem neuzeitlichen französischen Philosophen René Descartes und religionskritischen Themen. Gemeinsam mit kritischen Studenten setzte er sich in den 1990er Jahren dafür ein, dass einem ehemaligen Angehörigen der SS, der sich nach dem Krieg von Hans Schneider in Hans Schwerte umbenannt hatte und der unter diesem Namen an der Uni Karriere machte, die Doktorwürde aberkannt wurde.

Theodor Ebert war und ist nicht nur als Wissenschaftler tätig. Der überzeugte Sozialdemokrat trat nach achtjähriger Mitgliedschaft aus der SPD aus und gründete die "Grüne Liste" mit, die 1981 erstmals mit einem Vertreter in den Erlanger Stadtrat gewählt wurde. Dieser wechselte nach dem Rotationsprinzip alle zwei Jahre, die letzte Periode übernahm Ebert.

In dieser Zeit gründete er mit Gleichgesinnten auch die "Aktion Bürgerentscheid" und schrieb einen Gesetzesentwurf, um Bürgerbegehren und -entscheide in Bayern auf Landesebene einzuführen. Gemeinsam mit anderen Organisationen setzte das Aktionsbündnis dies passenderweise über einen Volksentscheid gegen die CSU-Regierung durch – seit 1995 gibt es nun etwas mehr direkte Demokratie in Bayern.

Theodor Ebert wünscht sich noch mehr solcher Elemente, gerne auch auf Bundesebene. "Die Schweiz ist ein glänzendes Beispiel dafür, dass es funktioniert. Bei uns ist der Bürger ja nur der Tanzbär der politischen Klasse", findet der Philosoph. Seit seiner Zeit als Stadtrat sei er allerdings größtenteils enttäuscht gewesen von der Politik der "Grünen Liste", weshalb er Ende der 80er Jahre die "Erlanger Alternative" gründete, lange bevor der Begriff "Alternative" rechts vorbelastet wurde, wie er sagt. Die schaffte es aber nicht ins Stadtparlament. Sorgen macht ihm der zunehmende Einfluss rechter Politiker.

Ein weiteres Anliegen ist, sich für die Trennung von Staat und Kirche zu engagieren. Nachdem er sich mit den Werken des prominenten fränkischen Kirchenkritikers Karlheinz Deschner beschäftigt hatte, trat er 1980 dem "Bund für Geistesfreiheit Erlangen" bei, der sich für konfessionsfreie Menschen einsetzt und dessen Vorsitzender er bis vor einigen Jahren war. "Leider setzen sich die Parteien ja nicht mehr für den säkularen Staat ein", bedauert er.

Er engagierte sich mit Erfolg gegen die Konkordatslehrstühle, nicht-theologische Lehrstühle an staatlichen Universitäten, bei deren Besetzung die katholische Kirche ein Mitspracherecht hat. Diese werden nun nicht mehr neu ausgeschrieben. Außerdem ist er wissenschaftlicher Beirat der "Giordano-Bruno-Stiftung", ein Netzwerk freigeistiger Intellektueller, das sich selbst "Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung" nennt.

Bis heute veröffentlicht Theodor Ebert weiter. Gerade schreibt er wieder an einem Aufsatz über Descartes. Außerdem war und ist er ein eifriger Leserbriefschreiber, denn: "Es ist Aufgabe der Intellektuellen, sich an Debatten zu beteiligen und sich nicht nur im Elfenbeinturm um Spezialthemen zu kümmern."

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