"Jede Betriebsübergabe ist eine individuelle Sache"

ERLANGEN - Laut Handwerkskammer Bayern steht in den kommenden Jahren in zahlreichen Handwerksbetrieben eine Betriebsübergabe an. So planen im Freistaat für die nächsten maximal fünf Jahre 22.800 Handwerksunternehmen die Übergabe, das sind 21 Prozent aller Handwerksunternehmen. Betroffen sind dabei rund 200.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sprachen darüber mit dem Erlanger Kreishandwerksmeister Markus Protze.

Herr Protze, ein Generationswechsel kann problemlos über die Bühne gehen. Manchmal geht’s aber auch in die Hose und nicht selten machen Betriebe dann sogar ganz dicht. Was ist aus Ihrer Sicht in solchen Fällen falsch gelaufen?

Da gibt es nicht die Ursache. Jede Betriebsübergabe ist eine ganz individuelle Sache. Einige Konstellationen, die große Schwierigkeiten verursachen, tauchen aber immer wieder auf: Zunächst wird die Entscheidung, ob die junge Generation überhaupt in den elterlichen Betrieb einsteigt, oft sehr spät getroffen. Aber von dieser Entscheidung hängt z.B. auch ab, ob noch langfristige Investitionen getätigt werden. Arbeitet die junge Generation bereits in den Betrieben mit, erfolgt die Übergabe häufig wiederum sehr spät und arbeitet nach einer erfolgten Übergabe der bisherige Chef/Chefin weiter im Unternehmen mit, können sie manchmal nicht richtig loslassen.

Was sollte deshalb bei einer Geschäftsübergabe unbedingt beachtet werden?

Frühzeitig mit der nachfolgenden Generation darüber sprechen, einen Fahrplan für die Übergabe machen und klare Festlegungen, insbesondere über die Verantwortlichkeiten, treffen. Nicht zu lange warten. Die jungen Meisterinnen und Meister sind eher digitalaffin als die übergebende Generation und können der Herausforderung Digitalisierung gut begegnen.

Markus Protze.   © Egbert M. Reinhold, NN

Steht eine Übergabe innerhalb der Familie nicht zur Debatte, an eine Übernahme durch einen Externen denken. Die Übernahme eines Handwerksbetriebes mit erfahrenen Mitarbeitern ist ja heute weit mehr Chance als Risiko. Mit oft besseren Verdienstaussichten als bei einem akademischen Beruf.

Wie unterstützt die Kreishandwerkerschaft Betriebe, bei denen ein Generationswechsel ansteht?

Jede Betriebsübergabe ist mit zahlreichen rechtlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Fragen verbunden. Wir und die Betriebsberatung der Handwerkskammer begleiten unsere Mitglieder dabei mit einem sehr umfangreichen Beratungsangebot.

Haben Sie noch weitere Tipps aus eigener Erfahrung?

Für die Übergabe eine Phase vereinbaren, in der ein fließender Übergang stattfindet. Der Übernehmer profitiert von den Erfahrungen des Übergebers und er führt sich bei Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern ein.