Junge Philharmonie Erlangen im Glückstaumel

27.10.2020, 18:29 Uhr
Junge Philharmonie Erlangen im Glückstaumel

© Foto: Harald Hofmann

"Herbstkonzerte" nannte die Junge Philharmonie Erlangen mit ihrem Leiter Gordian Teupke die – Corona bedingt – zwei Auftritte am Sonntag in der Ladeshalle, bei denen dasselbe Programm jeweils vor halbvollem Haus präsentiert wurde.

Alle Achtung, denn an den Anspruch hatte man ungeachtet der Schwierigkeiten bei den Proben keinerlei Kompromisse gemacht. Im Gegenteil, irgendwie war von Anfang an eine "Jetzt erst recht!"-Attitüde zu spüren.

Seelenruhig ließ das Bläserquintett aus Flöte, Oboe, Horn, Fagott und Klarinette mit der "Morgenstimmung" aus Edvard Griegs Peer-Gynt-Suite Nr. 1 op. 46 die musikalische Sonne aufgehen, die dann auch den locker schwingenden Tanz der Anitra warm beschien.

Und dann folgte, ohne jede Vorwarnung, eine "Sinfonia Concertante" Es-Dur, KV 364 von Wolfgang Amadeus Mozart, wie man sie noch nie gehört hat. Sämtliche aufgestaute Spiellust entlud sich da an sämtlichen Pulten, inklusive – oder ganz besonders – an denen der Solisten Reto Kuppel (Violine) und Florian Richter (Viola). Beide Herren sind Professoren an der Musikhochschule in Nürnberg, mit vielen Preisen ausgezeichnet und haben Viten, die sie als absolute Spitzenmusiker ausweisen. Mehr als normale Kollegen gingen sie auf einander ein, sie entzündeten einen freundschaftlichen Wettstreit der Bravour, der Gesanglichkeit und führten in der glanzvollen Kadenz des Allegro maestoso zu kaum erträglicher Spannung. Bis aufs letzte Phon war alles perfekt abgestimmt, auch im hinreißenden Andante. Und das Orchester? Die Musiker waren voll dabei, sodass Gordian Teupke scheinbar gar nicht arbeiten, sondern lediglich die Ordnung der hochmotivierten Liebhaber-Musiker aufrecht erhalten und lenken musste. Was für einen Glückstaumel fand da im abschließenden Presto-Rondo statt. Kuppel mit süßestem Geigen-Ton und Richter mit sonorer, vollmundig singender Bratsche erinnerten immer wieder an Rockmusiker, die sich bei ihren Soli gegenseitig bewundern, feiern und anstacheln. Mit einer wiederum unvorstellbar mitreißend vorgetragenen Passacaglia für Violine und Viola von G.F. Händel/Halvorsen bedankten sich die Solisten für den rasenden Applaus.

Wie soll man von so einer spektakulären Darbietung zur Zartheit, zur schillernden Verwebtheit des "Siegfried-Idylls" WWV 103 von Richard Wagner finden? Den Jungen Philharmonikern gelang dies jedenfalls in erstaunlicher Weise. Gordian Teupke zog buchstäblich einen Schleier nach dem anderen weg, legte feine Kantilenen der Bläser frei, ließ die Streicher jubilieren und in leuchtendste Höhen aufsteigen.

Das "halbe" Publikum feierte wie ein voll besetzter Saal und durfte dafür noch einen Schostakowitsch-Walzer sowie die Pizzicato-Polka von Johann und Josef Strauss genießen.

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