Kabarett und Kleinkunst in Erlangen: 30 Jahre "fifty fifty"

19.3.2019, 18:30 Uhr
Kabarett und Kleinkunst in Erlangen: 30 Jahre

© Horst Linke

Aller Anfang ist schwer, sowohl für einen Unternehmensberater, der plötzlich auf Veranstalter macht und von Kleinkunst eingestandenermaßen "keine Ahnung" hatte, als auch für einen Künstler, der gerade mit seiner Kunst anfängt: Als der heutige Vorzeige-Ossi Olaf Schubert sein Debüt-Programm auf der "Fifty"-Bühne präsentierte, "war der so grottig, dass ich ihn bereits nach dem ersten von eigentlich drei geplanten Auftritten heimschickte", schmunzelt "Fifty"-Impresario Andreas Büeler heute rückblickend. Nett-skurrile Geschichten am Rande sind einige passiert im Laufe von 30 Jahren.

Eines Tages saßen sie so zusammen, der gebürtige Schweizer Andreas Büeler, Unternehmensberatung und Assekuranz als Hauptberuf, und Klaus Karl-Kraus, Angestellter der Sparkasse. Beide hatten jedoch einschlägige Erfahrungen im Entertainment-Sektor: Büeler in den 60er und 70er Jahren als Mitglied der Bands "Bentox" und "Wind", Karl-Kraus im Liedermacher-Duo "Hobelspäne" und als Solo-Humorist. Dieser hatte die Idee, in einer Scheune auf dem Land Kultur anzubieten. "Quatsch", erwiderte Büeler, "das rechnet sich nicht." In der Stadt, "in der es kein Kabarett gibt", müsste so etwas stattfinden, beispielsweise in der sogenannten "Tauwaldvilla" in der Nürnberger Straße. Doch die war zu diesem Zeitpunkt bereits verkauft. Der Blick der in der Sonne im Biergarten des Manhattan-Kinos Sitzenden richtete sich auf das "Gundel-Lagerhaus" jenseits der Goethestraße, das "Ratteneck von Erlangen" (Büeler). Dieses von der Stadt zu erwerben, abzureißen und ein Theater mit Kneipe zu errichten, war von da an das Ziel.

Mit einem Kostenaufwand von rund 800 000 D-Mark wurde das "Fifty" hochgezogen. Ein knappes Jahr dauerten die Bauarbeiten, und so kam es am 31. März 1989 zur (mit geladenen Gästen) inoffiziellen Eröffnung mit Moderator Klaus Karl-Kraus, zwei Tage später durfte auch die breite Bevölkerung "Fifty"-Luft schnuppern. Jetzt musste "nur" noch ein Programm her. Büeler: "Ich bin ins kalte Wasser gesprungen, habe telefoniert und Agenturen angeschrieben."

Kabarett und Kleinkunst in Erlangen: 30 Jahre

© Foto: Fifty

Damals noch junge Künstler oder gar Anfänger wurden auf das "Fifty" aufmerksam, schickten Bilder und Texte, wollten sich ausprobieren: Mathias Tretter, Ingo Appelt, Urban Priol, Volker Pispers, Andreas Giebel. "Das ,Fifty’ entwickelte sich zu einem Biotop für Künstler, die ein Zuhause gesucht haben."

Büeler kümmerte sich um Programm und Technik, knüpfte Kontakte, wurde in den Verteiler des Theaterring Siemens aufgenommen, was mehr Publikum generierte, ehrenamtlich agierende "Theaterdamen" kümmerten sich um den Einlass. "Aber nach drei Monaten merkten wir: Es geht so nicht." Also wurde ein (Förder-)Verein gegründet, somit war man spendenfähig. Ob Jazz-Frühschoppen am Sonntag, Klaus Karl-Kraus montags oder dienstags (20 Jahre lang war Karl-Kraus zweimal im Monat ausverkauft) oder Sigi Zimmerschied ("eine Offenbarung"), Tim Fischer, Lotti Huber, Lilo Wanders, Werner Koczwara, Heißmann & Rassau, unter der Woche, meist an drei Abenden hintereinander – das "Fifty" kam langsam ins Laufen. "Wenn das neue Monatsprogramm herauskam, reichte die Schlange derer, die im Vorverkauf Karten erwerben wollten, bis zurück zur Goethestraße."

Kabarett und Kleinkunst in Erlangen: 30 Jahre

© Foto: Fifty

Im "Fifty" wurde Vieles ausprobiert, "aber stets mussten die Programme Inhalt, Satire und Pointen haben, es durfte und darf kein bloßes Geblödel sein", so Büeler. Und: "Künstler und Publikum müssen sich stets wohlfühlen. Künstler gibt es zudem im ,Fifty’ stets zum Anfassen." Seine eigene Gefühlswelt war dagegen über 25 Jahre lang eher angespannt, denn als Kümmerer in Personalunion in Sachen Licht, Ton und Technik gab es stets "Aufregung pur, ich hatte immer Lampenfieber."

Bei jährlich rund 140 Veranstaltungen innerhalb von (abzüglich der Ferien) neun Monaten Spielbetrieb hatte Büeler alle Hände voll zu tun. "Es war halt meistens einfach viel Arbeit, und ich hatte kein Privatleben mehr. Vielleicht war ich deshalb manchmal patzig, weil ich einfach überfordert war. Ich bin eben nicht der große Diplomat", betont Büeler. Der sich, als nun 70-Jähriger, nach einer schweren Erkrankung vor drei Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat und bestenfalls noch als "guter ehrenamtlicher Geist" durchs Haus streift. Derweil ein kleines angestelltes Team die Hauptarbeit leistet.

"Andi ist ein bunter Hund, ein Visionär, der polarisiert", fügt Klaus Karl-Kraus an, "das ist ein Lebenswerk, das er sich da aufgebaut hat. Ich hege eine große Bewunderung für ihn." Büelers Engagement und das "ganz außergewöhnliche Erlanger Publikum mit all seinen Dialekten und Mentalitäten, das es so sonst nirgends gibt", wären ursächlich für den "Fifty"-Erfolg.

Was gibt es sonst noch? Die ehemalige "Fifty"-Kneipe beherbergt nach einem Umbau das Restaurant "Haru", zum Gebäudekomplex gehört auch das Restaurant "Tio". An dessen Stelle stand noch bis Ende der 90er Jahre ein altes Wohnhaus, das dann ebenfalls abgerissen wurde und Büeler zum Kauf angeboten wurde. Er griff zu, und 1999 wurde der "Tio"-Neubau eröffnet, den Büeler 2014 dem Gastronomie-Pächter verkauft hat. Mit dem "Fifty" selbst ist Büeler schuldenfrei.

Jetzt freut man sich auf die Jubiläums-Gala am 31. März: Angekündigt ist eine bunte Show mit fränkischen Künstlern, die die Theaterbühne seit vielen Jahren begleiten. Mit dabei sind Klaus Karl-Kraus als Moderator, Claudia Bill, Bernd Regenauer, TBC, Mäc Härder, Wolfgang Buck, Martin Rassau mit Bernhard Ottinger (der fränkische Taxifahrer) und weitere Überraschungsgäste. "Es wird Geschichten und Anekdoten geben, und ich will die Künstler dahin bringen, das ,Fifty’ mit ihren eigenen Worten zu beschreiben. Gerade die Anfangszeit mit ihrem speziellen Feeling soll so beschworen werden."

Verwandte Themen


1 Kommentar