Kampf um jeden Baum am Erlanger Berg geht weiter

28.9.2019, 06:00 Uhr
Kampf um jeden Baum am Erlanger Berg geht weiter

Der Herbst ist Pflanzzeit für Bäume. Und am Bergkirchweihgelände auch Fällzeit. 25 Ersatzpflanzungen will die Stadt im November durchführen. Für die Bäume, die im Frühjahr vor der Bergkirchweih weichen mussten, nachdem ein von der Stadt bestellter Gutachter ihnen mangelnde Standfestigkeit attestiert hatte. Von manchen dieser Bäume hat man die Stümpfe noch stehen lassen. Diese Torsi sollen nun entfernt werden, damit an ihrer Stelle ein junger Baum eingepflanzt werden kann.


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Doch was heißt "Torsi"? Der Wirt des Entlas Kellers zeigt auf die mächtige Linde, die – neben einem kleinen Baum, den er selbst vor 20 Jahren gepflanzt hat – mitten auf dem von ihm bewirtschafteten Gelände prangt. Fritz Engelhardt kann nicht nachvollziehen, warum Christoph Kintopp, Leiter der Abteilung Stadtgrün, diesen Baum als "Torso" bezeichnet. Er hat dem Verwaltungsmitarbeiter eine Mail geschrieben, in der er darauf hinweist, dass dieser Baum aus seiner Sicht Potenzial hat. Sein Appell an die Stadt, wie er ihn gegenüber den Erlanger Nachrichten formuliert: "Nehmt bitte nicht alle alten Bäume gleichzeitig raus!".

Um eine sachlich fundierte Grundlage für seine Sichtweise und Bemühungen um den – zumindest einstweiligen – Baumerhalt zu bekommen, hat er im April ein Gutachten von einem Münchner Gutachterbüro erstellen lassen. Dieses kam zu einem anderen Ergebnis als das von der Stadt beauftragte Gutachterbüro. Es attestierte der Linde – und einem zweiten untersuchten Baum am Westausgang des Bergs-Geländes – Standfestigkeit über das erforderliche Maß hinaus. Auch die Bruchsicherheit liegt demnach deutlich über dem anzustrebenden Sicherheitsfaktor.


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Die Stadt, auf deren Boden die beiden Bäume stehen, habe sich mit dem Keller-Wirt im Frühjahr darauf geeinigt, die Fällung nicht mehr vor der Kirchweih vorzunehmen, sondern erst im Herbst, erklärt Kintopp. Das sei ein Entgegenkommen gewesen. Man habe im Frühjahr lediglich mehrere Äste um jeweils fünf Meter zurückgeschnitten.

Doch kürzlich kam der Keller-Wirt wieder auf die Stadt zu. Fritz Engelhardt bot an, einen dritten Sachverständigen zu bezahlen – den die Stadt benennen könne – , damit noch ein weiteres Gutachten erstellt werden kann. Dies wiederum lehnte die Stadt nun ab.


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Im Grunde aber, meint Engelhardt, sei das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten sehr gewissenhaft ausgeführt worden. Die Königsdisziplin zur Beurteilung der Standsicherheit eines Baumes sei die "Zugmethode", der Münchner Gutachter habe sogar in zwei Richtungen gezogen, während der von der Stadt beauftragte Gutachter nur einmal gezogen habe.

Dass die Zugmethode die einzig wirklich zuverlässige ist, bestätigt auch Kintopp. Er verweist aber gegenüber den EN darauf, dass der von der Stadt beauftragte Gutachter auch die Gesamtschau der letzten zehn Jahre mit einfließen habe lassen, das heißt, er hat frühere Gutachten der Stadt (diese noch ohne Zugversuche) einbezogen. Zudem habe er zugrunde gelegt, dass künftig mit stärkeren Windstärken zu rechnen sei.

Dass dies wiederum auch der Münchner Gutachter getan hat, ist einem Schreiben desselben zu entnehmen. Darin steht ausdrücklich geschrieben, dass die beiden geprüften Bäume ausreichend bruch- und standsicher sind, selbst wenn man von noch höheren Windbelastungen ausgehen würde. Empfohlen werden aber angesichts von Schäden im Wurzelbereich "Sichtkontrollen" und eine Nachuntersuchung nach etwa drei Jahren.

Darauf aber will man sich bei der Stadt nicht einlassen – aus Sicherheitsgründen, wie es heißt. "Wir halten uns an das Gutachten, das von uns in einer öffentlichen Ausschreibung vergeben wurde." Keller-Wirt Fritz Engelhardt hofft trotzdem noch auf ein drittes Gutachten. Und auf einen Aufschub der Fällungen. "Zumindest bis 2023", meint er.

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