Kein verkaufsoffener Sonntag: Erlanger Einzelhändler schauen in die Röhre

18.8.2020, 18:20 Uhr
Kein verkaufsoffener Sonntag: Erlanger Einzelhändler schauen in die Röhre

© Klaus-Dieter Schreiter

Die Veranstaltung war schon im Vorfeld umstritten: Ausgerechnet in Corona-Zeiten einen verkaufsoffenen Sonntag durchzuführen, das hielten viele mit Blick auf das Infektionsgeschehen zu Recht für riskant und gefährlich. Zusätzlich zu den pandemiebedingten Vorbehalten kamen die ebenfalls berechtigten Bedenken, die es generell gegenüber verkaufsoffenen Sonntagen gibt. Beschäftigte des Einzelhandels, die seit den vergangenen Wochen als HeldInnen des Alltags gefeiert werden, haben gerade in dieser anstrengenden Zeit ihren freien Tag am Wochenende verdient. Neben Gewerkschaften sehen auch Kirchenkreise Shopping-Sonntage kritisch.

Sogar City-Manager Christian Frank zeigte sich im Gespräch mit unserer Zeitung bei der Prognose über Einnahmen und Erfolge äußerst zurückhaltend. Der nachvollziehbare Wunsch der Ladenbesitzer nach etwas finanziellem Ausgleich in diesen für sie besonders schwierigen Tagen galt von vornherein als wenig realistisch.

Bärendienst für Händler

Nun aber nehmen die Händler an diesem abgeblasenen verkaufsoffenen Sonntag nicht nur nichts ein, sondern müssen womöglich auch noch für bereits getätigte Investitionen aufkommen. Schließlich hatte das City-Management Ladenbesitzer aufgefordert, Ideen für eigene Aktionen einzureichen. Knapp 20 Einzelhändler hatten Interesse bekundet und schauen nun in die Röhre.

Das City-Management und die Stadt haben ihnen mit der Panne einen ziemlichen Bärendienst erwiesen. Erst wird der verkaufsoffene Sonntag als Gegenpol zu allen abgesagten Veranstaltungen in der Region vollmundig verkündet, und dann folgt prompt der Rückzieher. Das ist mehr als peinlich. Denn die Panne wäre vermeidbar gewesen, wenn die Stadt ihre Hausaufgaben gemacht und den verkaufsoffenen Sonntag (offiziell) sauber begründet hätte. Das aber war nicht geschehen.

Es geht um die Anlassbezogenheit

Nein, nicht fehlende Corona-Auflagen und eine neue Risikobewertung haben zur Absage fast in letzter Minute geführt. Vielmehr ist der Grund eine Nachfrage der Regierung von Mittelfranken. Die Behörde ist mit der Begründung der Stadt nicht zufrieden. Nun hätten Stadt und City-Management noch ein paar Tage Zeit gehabt, Argumente nachzuliefern. Doch für das City-Management war das wohl zu viel verlangt. Da die Frage kurzfristig nicht beantwortet werden könne, so heißt es vom City-Management, hat man sich entschlossen, die Veranstaltung abzusagen. Bei der Frage geht es um die so genannte Anlassbezogenheit.

Ohne diese sind verkaufsoffene Sonntage in Erlangen nicht durchführbar, weswegen das City-Management jeweils über die Verwaltung der Stadt Erlangen einen entsprechenden Antrag bei der Regierung von Mittelfranken einreicht. So sei es auch diesmal geschehen. Für den verkaufsoffenen Sonntag galt der Augustmarkt am Schlossplatz aufgrund seiner über 300-jährigen Tradition als Anlass.

Die Regierung von Mittelfranken bat jedoch, diese Anlassbezogenheit für den Augustmarkt neu zu prüfen und eine Prognose zur Rechtfertigung für die Sonntagsöffnung einzureichen. Schließlich ist der Augustmarkt heuer kleiner als sonst. Wegen der "Kurzfristigkeit des Schreibens" wollten sich City-Management und Stadt darüber nicht mehr den Kopf zerbrechen. Ergebnis: Kein verkaufsoffener Sonntag, aber der Augustmarkt geht, wie geplant, zwischen 20. und 27. August in der Innenstadt über die Bühne. Das City-Management gab am Dienstag zu der Angelegenheit keine Stellungnahme gegenüber dieser Redaktion ab.

Eine Herkulesaufgabe?

Stadt und auch City-Management haben sich mit dieser Angelegenheit nicht mit Ruhm bekleckert. Insbesondere in Zweitere dürfte das Vertrauen von Ladenbesitzern und Einzelhändlern gesunken sein — ist doch das Team vor allem für die Zusammenlegung und Vermarktung der Innenstadtgeschäfte zuständig.

Doch wie soll man nun dem City-Management eine solche Herkulesaufgabe zutrauen, wenn es schon mit Kleinigkeiten überfordert scheint? Wie nötig gerade die Läden in der Altstadt eine bessere Präsentation haben, ist hinlänglich bekannt. Das Aufhübschen der zunehmend verödenden Ecken und Winkel rund um den Martin-Luther-Platz ist für das Überleben der Innenstadt essentiell.

Leerstand und Ladensterben gehen weiter, Corona hat die wirtschaftliche Situation vieler Händler und Gastronomen verschärft, der ein oder andere steht (fast) am Ende seiner Existenz. Jetzt sind Stadt und City-Management mehr denn je gefordert, weitere Kaufkraft ins Zentrum zu locken.

Das jüngst geschnürte Maßnahmenpaket, mit dem das City-Management den Händlern etwa mit einer Online-Plattform und dem Aufbau neuer Vertriebswege unter die Arme greifen will, ist da schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

5 Kommentare