"Klassik am See" lockt 3000 Besucher

27.7.2018, 11:30 Uhr

© Harald Hofmann

Ein begrüßenswertes Novum in diesem Jahr ist die musikalische Gestaltung des klassischen Open-Airs mit Musizierenden aus der Region. Diesmal sind drei Chöre in einer rund 200-köpfigen Gemeinschaft vereint: Der Philharmonische Chor Herzogenaurach, der Siemens-Chor Erlangen und der Kinder- und Jugendchor "Die jungen Meistersinger". Das barg – allein schon in dieser überwältigenden Aufstellung – visuelle Imposanz. Die Junge Philharmonie Erlangen, das größte Laienorchester Erlangens, hat sich in ihrem 25-jährigen Bestehen längst einen Namen als hervorragend qualifiziertes Sinfonieorchester mit großem Repertoire gemacht und eine treue Fananhängerschaft gewonnen. Der Wahlnürnberger Gordian Teupke, kluger und souveräner Leiter der Jungen Philharmonie, leitet den ersten Teil des Programms. Mit Georges Bizets "Carmen Suite No. 1" ist ein fulminanter, populärer Auftakt gewählt. Teupke setzt gestisch und in seiner Ausstrahlung auf Eleganz im spanischen Temperament der Musik. Die Musiker der Jungen Philharmonie übernehmen das in den brillierenden Sätzen mitreißend, transparent mit klangschönen Holzbläsersoli in den verweilenden Tanzsätzen der Suite. Es ist ein passendes, bezauberndes musikalisches "Entrée" an diesem herrlichen Sommerabend.

Bereits zum wiederholten Mal ist der renommierte Pianist Martin Stadtfeld Solist in Schumanns Klavierkonzert zu erleben. Der 37-jährige Pianist wagt Ungewöhnliches mit seiner verinnerlichten Haltung zu Schumanns Konzert. Diese resultiert aus seiner anhaltenden Auseinandersetzung und Liebe zum "Gottvater der Musik", zu Johann Sebastian Bach. Zügig, aber ungewohnt verhalten, schlicht, pathosfrei beginnt er das schwärmerische Hauptthema. Das Orchester setzt dem romantischen, vibratoreichen Schmelz Crescendi in der Gestaltung entgegen. Bei Stadtfeld klingen die thematischen Linien glasklar. Der Pedalgebrauch ist maximal repetierend, im klanglichen, farblichen Resultat sparsam, asketisch. Bach lässt grüßen. Die Solokadenz ist sauber strukturiert, technisch akkurat. Stadtfeld ist der Linientreue, kein solistischer Selbstdarsteller, sondern ein lyrisch konturierender Virtuose, stets Bach in der interpretatorischen Reflexion.

© Harald Hofmann

Tänzerisch, gewählt, kommt der dritte Satz aus. Hier schwingen Solist und Orchester in freundlichem, dennoch pointierten Schwingen. Selten gibt es das so weich, gefällig zu hören. Es ist ein vergnüglicher Ausklang des beliebten Schumann-Konzerts. Die Zugabe mit einer Eigenkomposition von Martin Stadtfeld, einem harmonisch reizvollen Prélude, changiert zwischen Struktur und Romantik, charakterisiert den zurückgelegten, gereiften Weg des eindrucksvollen Pianisten beeindruckend.

Wie schon beim Debüt von "Klassik am See" vor 15 Jahren erklingen im zweiten Teil die berühmten "Carmina Burana" von Carl Orff unter der umsichtigen, versierten Leitung des Mitbegründers und Mitgestalters Ronald Scheuer. Als Aufschrei ertönt der respekteinflößende Eingangschor an die Schicksalsgöttin Fortuna. Wie Schicksalsräder der unberechenbaren Göttin wirken die fünf großen Lampenschirme, farblich symbolhaft über den Hundertschaften der Ausführenden wechselnd. Chor und Orchester meistern ihre Partien mit enthusiastischem Engagement.

Orffs Meisterwerk zieht mächtig in seinen Bannkreis. Selbst die Grillen zirpen passend beim kokettierenden Mägdleinwerben, die warme Sommerluft ist Mittlerin im Liebestreiben. Die drei Gesangssolisten, Corinna Schreiter, Andreas Weller und Markus Simon, bringen zusätzlich szenische Präsenz in die "Carmina". Ein Höhepunkt ist Andreas Wellers distinguiert-komischer "Schwan-Auftritt" – Max Raabe ähnlich – mit gelber Fliege. Das ist gesanglich und szenisch von höchster Professionalität, begeisternd und amüsant. Markus Simon, bewährtester Bass-Bariton in fränkischen Musik-Landen, kontert mit sprichwörtlicher "Ego"-Zentrik in der berühmten Abt-Sauflitanei. Simon ist ein äußerst vitaler, stimmgewaltiger "Troubadour" der niederen Minne. Corinna Schreiter setzt als zögerliche Jungfrau der "hohen Minne" gesanglich einnehmend, lupenrein in ihrem Part das berührende Pendant, umrahmt von den bestens einstudierten, unschuldigen Kinderchorstimmen der "Jungen Meistersinger" (Einstudierung: Heike Henning). Das klappt auch dramaturgisch alles bestens. Begeisterter, anhaltender Beifall.

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