Klimaneutralität: Erlangen muss die Ärmel hochkrempeln

27.2.2021, 12:30 Uhr
Klimaneutralität: Erlangen muss die Ärmel hochkrempeln

© Bernd Böhner

Bock kann sich dabei auf Zahlen stützen, die im Rahmen einer von der Stadt beauftragten Studie ermittelt und deren Ergebnisse in der jüngsten Stadtratssitzung vorgestellt wurden. Im Rahmen der Studie haben die Gutachter zunächst ermittelt, wie viel CO2 in Erlangen von verschiedenen Verbrauchergruppen in den letzten Jahren ausgestoßen wurde.

Wie berichtet waren das 2019 etwa 0,92 Megatonnen, wovon 40 Prozent auf die Wirtschaft und 38 Prozent auf den Verkehr entfielen. Die privaten Haushalte verursachten 20 Prozent, kommunale Einrichtungen 2 Prozent. Insgesamt gingen, und das ist die gute Nachricht, die CO2-Emissionen zwischen 2015 bis 2019 um 5 Prozent zurück; seit 1990 sogar um 29 Prozent.

Allerdings, und das ist die schlechte Nachricht, muss Erlangen seine Anstrengungen beim Klimaschutz mindestens verzehnfachen, um das gesteckte Ziel Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen. Das heißt im Klartext: Erlangen muss innerhalb kürzester Zeit komplett umsteuern.

Die Gutachter machten dabei in der Stadtratssitzung konkrete Vorschläge. Demnach sollten die Bürgerinnen und Bürger zukünftig auf Wärmepumpen und Solarthermieanlagen anstelle von Gas- oder Heizölanlagen setzen. Quasi jedes Gebäude, so die Gutachter weiter, sollte mit Photovoltaikanlagen ausgestattet sein und Wegstrecken möglichst zu Fuß, dem Rad oder dem ÖPNV zurückgelegt werden. Darüber hinaus müssten alle privaten und öffentlichen Fahrzeuge zukünftig ohne Benzin oder Diesel auskommen. Sprich: Es müssen E-Autos her.

In der Studie wird außerdem beispielhaft vorgerechnet, dass alleine für die Erzeugung von erneuerbarem Strom für die Stadt Erlangen über 100 moderne Windenergieanlagen sowie 343 Hektar Freiflächen-Photovoltaik nötig wären. Dies entspricht einer Fläche von 480 Fußballfeldern.

Solche Flächen gibt es natürlich nicht in Erlangen, deshalb müsste die Stadt nach außen ausweichen. Wenn man dann noch bedenkt, dass auch andere Städte und Gemeinden klimaneutral werden wollen und auf die gleichen Lösungsansätze kommen, dann könnte es bald eng werden zwischen den zahllosen Photovoltaik- und Windkraftanlagen, die zu diesem Zweck errichtet werden müssten.

Abgesehen vom Platzbedarf, stellt sich die Frage, wer das am Ende des Tages bezahlen soll und welche Förderkulissen und Anreize es braucht, damit Hauseigentümer geschlossen ihre alten Heizungen erneuern, Solarthermie- und Photovoltaikanlagen auf ihre Dächer montieren lassen und sich ein E-Auto vor die Tür stellen. Und was ist mit denjenigen, die sich das schlicht nicht leisten können?

Umweltreferentin Sabine Bock hat recht, wenn sie sagt, dass "mit der Studie . . . die Stadt Erlangen wertvolle Erkenntnisse für ihren Weg zur Klimaneutralität gewonnen" hat. Fraglich bleibt aber, ob und in welchem Umfang die in dem Gutachten formulierten Lösungsansätze überhaupt umsetzbar sind. Vielleicht hilft es hier, über den Gartenzaun zu schauen und auch nach weiteren Lösungen Ausschau zu halten.

2 Kommentare