Marloffstein: "Wir werden hier verarscht"

19.10.2020, 13:00 Uhr
Marloffstein:

© Klaus-Dieter Scheiter

Per Geschäftsordnungsantrag wurde der Tagesordnungspunkt schließlich beendet.

Seit mehreren Jahren befasst sich der Gemeinderat mit der Bebauung des Marloffsteiner Schlossareals. Mittlerweile haben der Investor Jürgen Friedsam aus Dechsendorf und sein Architekt Felix Tannenberg das ursprüngliche Konzept geändert. Anstatt des geplanten Altenpflegeheimes – dagegen waren vor allem direkte Nachbarn Sturm gelaufen – sollen nun 22 Wohnungen entstehen. Im Frühjahr diesen Jahres hatte der Architekt dem Gemeinderat ein Modell vorgestellt, welches von den Ratsmitgliedern mehrheitlich positiv aufgenommen worden war.

Nun aber ist ein neuer Gemeinderat im Amt, und der wird von der Wählergruppe Höhenzuggemeinde Marloffstein (WHM) dominiert. Diese Wählergruppe ist auch ins Leben gerufen worden, weil einige Bürger mit den Plänen für das Schlossareal nicht einverstanden sind. Auch der Landwirt Josef Kohlmann, der mit seinem Hof direkt an das Schlossareal angrenzt, hatte sich schon früh gegen das Vorhaben ausgesprochen. Er hat die Sorge, dass sein landwirtschaftlicher Betrieb durch die Bebauung des Schlossareals gefährdet sein könnte.

Nachdem die bisherigen Entscheidungen des Gemeinderates zur Bebauung des Schlossareals mehrheitlich positiv gefasst worden waren, sollte nun der von einem Laufer Planungsbüro ausgearbeitete Bebauungsplan vorgestellt und gebilligt werden. Die dafür angereiste Fachplanerin Anja Schön kam jedoch gar nicht erst zu Wort. Stattdessen grätschte Christian Striegel (CSU) derb dazwischen. Er hat sich inzwischen auf die Seite der Gegner der Schlossbebauung geschlagen und rief lautstark in den Saal: "Wir werden hier verarscht". Maximilian Paulus, der zwar der CSU-Fraktion angehört, jedoch stets mit der WHM stimmt, verlas anschließend ein Statement und verkündete, dass die Parksituation im Dorf schon jetzt "hochdramatisch" und die Zu- und Abfahrt zum Schlosshof im Winter gefährlich sei. Das Projekt wäre "der absolute Todesstoß für unser Dorf".

Die Fachplanerin Schön versuchte zwar zu erläutern, dass alle Bürger sowie die Träger öffentlicher Belange ihre Einwendungen während der Auslegung des Bebauungsplanes machen könnten und dass diese dem Gemeinderat dann zur Abwägung vorgelegt würden. Helmut Memmert (WHM) bezweifelte jedoch, dass die Einwendungen tatsächlich angemessen berücksichtigt würden.

"Wir sind nicht in Erlangen oder in München oder irgendwo in einer Stadt. Wir sind auf einem Dorf, und da wird miteinander geredet", so Christian Striegel. Was die Nachbarn wollen, "interessiert keine Sau", schrie er und schlug mit der Faust auf den Tisch.

Dem Vorwurf, niemand habe mit Landwirt Kohlmann gesprochen, widersprach Bürgermeister Eduard Walz. Tatsächlich hatte ihn Jürgen Friedsam im Frühjahr 2018 besucht. Notizen von dem Gespräch hatte Kohlmann sogar öffentlich gemacht (die EN berichteten).

"Stänkerstimmung"

Als schließlich Maximilian Paulus anmerkte, Walz werde in fünf Jahren ohnehin kein Bürgermeister mehr sein — was der ehemalige Gemeinderat Walter Knorr, der unter den Zuhörern saß, laut beklatschte — gerieten sich Walz und Knorr lautstark in die Haare. Daraufhin stellte Petra Lobenhofer-Brixner (CSU) den Geschäftsordnungsantrag, die weitere Diskussion in einem nichtöffentlichen Bauausschuss weiterzuführen. Mit sechs gegen vier Stimmen wurde dieser Antrag angenommen.

Investor Friedsam und Architekt Tannenberg, die mit Plänen und Akten angereist waren, kamen gar nicht mehr zu Wort. Auf Nachfrage sagte Tannenberg, er sei ob der heftigen Diskussion im Gemeinderat "verletzt und verunsichert". Obwohl der Balkon von Landwirt Kohlmann über das Schlossgrundstück ragen würde, würden in seinen Plänen alle Abstandsflächen eingehalten. Mit allen Ämtern und mit der Feuerwehr seien diese vorbesprochen worden. Marloffstein würde eine "Jahrhundertchance" vertun, wenn das Projekt nicht verwirklicht werde. "Gegen eine Stänkerstimmung kommt man zwar schwer an, aber wir geben nicht auf".

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