Massiver Einbruch bei der Zahl der Gäste

13.10.2020, 06:00 Uhr
Massiver Einbruch bei der Zahl der Gäste

© Horst Linke

Die Corona-Pandemie hat die heimische Hotellerie und Gastronomie hart getroffen. Um 55 Prozent ist in der Stadt Erlangen die Zahl der Gästeankünfte im ersten Halbjahr dieses Jahres zurückgegangen. Die Zahl der Übernachtungen sank um 54 Prozent.

Im Landkreis Erlangen-Höchstadt kamen im gleichen Zeitraum mit 39 600 Gästen 53 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Übernachtungen verringerte sich um 37 Prozent auf 139 000. Dies geht aus Informationen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hervor, die sich auf Angaben des Statistischen Landesamts beruft.

Trend jäh gestoppt

Für Erlangen wurde damit ein positiver Trend der vergangenen zehn Jahre jäh gestoppt: Nicht zuletzt durch den boomenden Städtetourismus war die Zahl der Gästeankünfte von 2009 bis 2019 um 10,82 Prozent auf 262 351 bei 502 193 Übernachtungen gestiegen. Nach dem Lockdown kam im April und Mai 2020 dann der Einbruch mit einem Rückgang von zirka 90 Prozent. Im Juni waren Einbußen von knapp 77 Prozent zu verzeichnen.

In welchem Ausmaß sich die Absage der Bergkirchweih auswirkte, könne nur schwer gesagt werden, betont Oliver Timmermann, Pressesprecher des "Erlanger Tourismus und Marketing Vereins". Der starke Rückgang des Geschäftstourismus sei problematischer, da er sich über einen längeren Zeitraum erstrecke.

Zahlreiche Messen und Konferenzen vor allem in der Heinrich-Lades-Halle konnten nicht stattfinden. Firmen hätten zudem vielfach Homeoffice angeordnet und in größerem Umfang auf virtuelle Meetings gesetzt.

Timmermann weist außerdem auf einen Domino-Effekt hin. Schließlich profitierten in "normalen Zeiten" nicht allein Hotels und Pensionen von den Gästen, sondern beispielsweise auch Taxi-Unternehmen, Wäschereien, die Gastronomie und der Einzelhandel.

"Als renommierter Wissenschafts- und Medizinstandort spielt für Erlangen ein vielfältiges Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle. Dieses sollte nicht bloß erhalten, sondern weiter ausgebaut werden", stellt Oliver Timmermann heraus. Bei der Anzahl der Buchungen rangiert die Hugenottenstadt seit Jahren unter den Top 5, und mit den Öffnungen des "Holiday Inn Express" und des Hotels am ehemaligen Areva-Standort sei eine weitere Aufwertung zu verzeichnen.

Positiv stimmt den Erlanger Tourismusverein, dass die Hotels die aktuelle Krise für Investitionen wie die Einrichtung von Penthouse-Suiten oder die Begrünung von Dachterrassen nutzten.

Radler als Zielgruppe

Zur Unterstützung will das City Management im nächsten Frühjahr das Genussfestival wieder beleben und den Fahrradtourismus ankurbeln. Auf der Homepage www.erlangen.info werde zudem unter der Rubrik "Besondere Gastgeber" Hotels ein neues Format der Online-Vermarktung angeboten.

Dass viele Veranstaltungen nicht durchgeführt werden konnten, hat auch im Landkreis ERH die Anbieter von Unterkünften massiv getroffen. Neben dem wirtschaftlichen Schaden für zahlreiche Betriebe und Beschäftigte leide auch das gesellschaftliche Leben unter den Folgen der Pandemie, hebt Landrat Alexander Tritthart hervor.

Sehr gefreut habe es ihn bei Besuchen vor Ort, dass viele Wirte mit ausgefeilten Hygienekonzepten und pfiffigen Ideen erfolgreich den Schwierigkeiten begegnen würden. Auch Tritthart will sich seine positive Grundeinstellung nicht vermiesen lassen: "Auf das Genießen muss niemand verzichten, solange die Abstände und die übrigen Vorschriften eingehalten werden!"

"Spezialitäten to go"

Laut Horst Schäfer von der Kreisstelle des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands stellt Corona die Branche vor enorme Herausforderungen. Wie Tritthart stimmt es ihn gleichzeitig zuversichtlich, dass viele Betroffene äußerst flexibel und einfallsreich darauf reagierten. "Spezialitäten to go", ob fränkisch oder international, anzubieten, habe sich als echter Renner erwiesen. Gerade für die oft knapp bemessene Mittagspause, aber auch als Mitbringsel für die Familie am Abend werde dieser deutlich intensivierte Service geschätzt.

Dass heuer keine Kirchweihen gefeiert werden konnten, sei vor allem in den Dörfern ein großer Verlust gewesen. Schäfer ist Inhaber des Landgasthofs Krone in Hüttendorf, das zur Stadt Erlangen gehört. Anfang September steigt dort traditionell die Kerwa.

Lange Zeit überlegte die Familie Schäfer, wie wenigstens für ein bisschen Stimmung gesorgt werden könnte, war jedoch erst einmal vom damit verbundenen bürokratischen Aufwand geschockt. Eine fetzige Blasmusik zu finden, ging dagegen ratzfatz. Ergänzt durch ausgiebige Hygienemaßnahmen, konnten die Abstände so ausgezirkelt werden, dass immerhin 120 Personen einige schöne Stunden zusammen erlebten und alle Vorschriften eingehalten wurden – auch wenn Schunkeln bis auf Weiteres nicht mehr als eine nostalgische Erinnerung darstellt.

Beim Novina Hotel in Herzogenaurach sind die Mitarbeiter erleichtert, dass sich die Lage sowohl bei den Übernachtungen als auch den Restaurantbesuchen langsam wieder bessert. Den Wellness-Bereich so nutzen zu können, dass auf sämtliche Vorgaben hinsichtlich der Pandemie Rücksicht genommen werde, komme bei den Gästen sehr gut an, wobei viel Verständnis für die Maßnahmen gezeigt werde.

Das Schloss Pommersfelden, das offiziell Schloss Weißenstein heißt, durfte aufgrund der Regelungen durch die Bayerische Staatsregierung erst im Juni für Besichtigungen wieder seine Tore öffnen. Die Führungen, wegen derer Touristen aus den USA, Australien, Japan und ganz Europa den südlichen Landkreis Bamberg ansteuern, mussten allerdings abgesagt werden.

Auf eigene Faust

Vielmehr erhielt jeder Besucher am Eingang eine detaillierte Beschreibung der zahlreichen Kostbarkeiten des barocken Prachtbaus, dessen Gemäldesammlung Werke von Peter Paul Rubens, Albrecht Dürer, Tizian, Anthonis van Dyck und Luca Giordano beinhaltet. Die Resonanz übertraf die Erwartungen, wie Antoinette Fehlinger, die Leiterin der Schlossverwaltung, erzählt: "Viele Gäste waren dankbar, dass sie auf diese Weise länger an Stellen verweilen konnten, die sie interessierten, und die ausgehändigten Texte mit nach Hause nehmen durften, um sie noch einmal in Ruhe zu studieren." Geplant ist, ab 2. November montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr wieder kurze Führungen zur vollen Stunde anzubieten.

Ausgesprochen schmerzhaft war, alle öffentlichen und privaten Veranstaltungen absetzen zu müssen. Das Ambiente mit dem eindrucksvollen Treppenhaus, dem Marmorsaal, der Grotte, der Orangerie, dem Schlosshof und dem Park wird gern für Galadinners, Bankette, Stehempfänge, Firmenveranstaltungen, Seminare, Vorträge und Konzerte gebucht.

Bittere Premiere

Nach 62 Jahren konnte erstmals auch das Collegium Musicum nicht abgehalten werden. Traditionell kommen im Sommer junge Musiker aus der ganzen Welt für einen Monat im Schloss zusammen, das ihnen einschließlich der Nebengebäude als Unterkunft dient. Innerhalb der Sommerakademie arbeiten sie mit angesehenen Musikern und Dirigenten wie Christian Thielemann, Klaus Thunemann, Marie-Luise Neunecker oder Hans-Jörg Schellenberger an Stücken, die dann aufgeführt werden. Da sich wegen Corona ständig Änderungen ergeben können, sollten sich Besucher des Schlosses vorher auf der Homepage www.schloss-weissenstein.de über die aktuellen Öffnungszeiten und Bestimmungen informieren.

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