Nach Tötung aus Mitleid: Unternehmer sammelt Spenden für den Täter

16.4.2021, 11:23 Uhr
Mit einer Spendensammelaktion tritt ein junger Lonnerstadter Unternehmer für die Legalisierung aktiver Sterbehilfe in Deutschland ein.

© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa Mit einer Spendensammelaktion tritt ein junger Lonnerstadter Unternehmer für die Legalisierung aktiver Sterbehilfe in Deutschland ein.

Der Fall:

Mitte November 2020 verurteilt das Würzburger Landgericht einen 92-jährigen Rentner, weil der seine Ehefrau erstickt hat. Eine Tötung aus Mitleid, denn die 91-Jährige litt nicht nur an fortgeschrittener Demenz, sondern auch an anderen Krankheiten.

Er habe sie nicht mehr leiden sehen können, begründete der Angeklagte seine Tat. Verurteilt wurde der Mann auf zwei Jahre und neun Monate Haft, die das Gericht zur Bewährung aussetzte – und auf eine Geldstrafe von beinahe 10.000 Euro.

Der Spendensammler:

An dieser Stelle kommt Fabian Holler ins Spiel. "Ich habe von dieser Sache über Facebook erfahren und fand die Entscheidung des Gerichts extrem ungerecht. Wie soll ein 92-jähriger Rentner so schnell 10.000 Euro auftreiben?", fragt Fabian Holler im Gespräch mit unserer Redaktion.

Nachdem der junge Unternehmer "mit dem Computer technisch fit" ist, rief er zum Jahresende eine Internet-Crowdfunding-Aktion ins Leben, um dem Totschläger aus Unterfranken zu helfen.

Einzelspende über 1000 Euro

Am meisten gefreut hat sich Fabian Holler über die Einzelspende einer Frau von weit über 1000 Euro, dank derer das Spendenziel deutlich schneller als erwartet erreicht werden konnte. "Wer das ist, weiß ich bis heute nicht", erklärt Holler. Auf der von ihm genutzten Crowdfunding-Plattform bleiben die Namen der Spenderinnen und Spender anonym.


Er tötete seine demenzkranke Frau "aus Liebe": 92-Jähriger gesteht


"Eigentlich wollte ich die Aktion ja über Facebook laufen lassen, aber die brauchen ewig, bis sie so etwas genehmigen", meint Fabian Holler. Wichtig sei ihm gewesen, bei dem Vorhaben "Transparenz zu zeigen", denn es gebe gerade im Charity- und Spendenbereich "eine Menge Schwarze Schafe", von denen er sich ganz bewusst abgrenzen wollte.

Die Resonanz:

"Der Großteil der Kommentare, die über das Internet kamen, war durchaus positiv", betont Fabian Holler. Nur einer habe ihm geschrieben, die Aktion käme ihm so vor, als ob da ein Mord sanktioniert werden sollte. "Dabei wollte ich damit darauf aufmerksam machen, dass das Thema Sterbehilfe in Deutschland immer noch zu den ungelösten Problemen zählt", erläutert Fabian Holler.

Als Beleg zählt er eine Reihe von E-Mails beziehungsweise Briefen Betroffener auf, die sich in ähnlichen Situationen befinden oder befanden. Und die Fabian Holler in in seiner Entscheidung, den alten Mann zu unterstützen, bestärkten.

Nachdenken über Sterbehilfe

"Vielleicht schaffe ich es ja, die Politik zum Nachdenken darüber anzuregen, ob man sich bei der Sterbehilfe nicht am Ausland orientieren sollte, wo sie unter strengen Auflagen möglich ist, wenn ein Mensch nur noch leidet", sagt Fabian Holler und fügt hinzu: "Ich würde jederzeit wieder helfen."

 

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