Optimistischer Blick in Richtung Berlin

29.5.2011, 11:00 Uhr
Optimistischer Blick in Richtung Berlin

© Bernd Böhner

 Im Erlanger Tross reist mit Nadja Müller die aktuell einzige Schwimmerin nach Berlin, die in der Offenen Klasse bereits DM-Medaillen erschwommen hat: 2010 gab es für die heute 18-Jährige jeweils Freistil-Bronze über 1500m (Kurzbahn) und 800m. „Sie ist auch unsere einzige Medaillenkandidatin in der Offenen Klasse“, sagt SSG-Cheftrainer Roland Böller. „Nadja ist einer der Eckpfeiler unseres Teams.“

Dabei hat gerade die Vorzeigeschwimmerin ihrem Trainer zuletzt Sorgen bereitet: „Wegen Rückenbeschwerden hat Nadja viel Training verpasst, auch noch im Höhentrainingslager in Flagstaff. Aber inzwischen schwimmt sie wieder ganz nahe an ihre Bestzeit über 1500m heran.“

Hannah Stockbauers Schatten

Über diese Distanz hat Nadja Müller eine ganz besondere Gegnerin, denn den deutschen Rekord hält hier nach wie vor Hannah Stockbauer. Aufgestellt hat die frühere Erlanger Ausnahmeathletin die Zeit von 16:00,18 Min. im Jahr 2003, als sie in Barcelona überragende Weltmeisterin über 1500, 800 und 400m Freistil wurde. Seitdem ist ihr deutscher Rekord unangetastet – und nicht in Gefahr, wie Roland Böller sagt: „Die Zeit wackelt nicht, weder von Nadja noch von den anderen. Selbst mit den Wunderanzügen hat niemand diese Zeit geknackt.“ Deshalb gilt es für Müller am nächsten Samstag nur die Konkurrentinnen im Becken in Schach zu halten. „Eine Medaille wäre überragend“, sagt der Trainer und bescheinigt seiner Top-Schwimmerin, dass sie mit „dem Schatten von Hannah“ sehr gut umgehen kann.

In der Offenen Klasse haben die beiden Erlanger Rückenspezialistinnen Hannah Brinkmann und Gina Rosenzweig zudem gute Chancen zumindest das A-Finale über die 50 und 100m bzw. die 200m zu erreichen.

Im Rahmen der Deutschen Jahrgangsmeisterschaften ist die Bandbreite der Medaillenkandidaten sehr viel größer – vor allem bei den Jungs. „Hier haben wir eine ganze Generation von 94ern, die in der Jugend B zu den Favoriten zählt“, freut sich Trainer Böller. Im einzelnen sind das Brustspezialist Nils Wich-Glasen, Florian Vogel (200 bis 1500m Freistil), Robin Blaicean (Rücken) und Vincent Liebig (Rücken und Lagen).

Ganz überlassen die Erlanger Mädels ihren Kollegen das Feld aber nicht: Mit Nadine Laemmler ist auf den Rückenstrecken zu rechnen.

Auf diese breite Basis in der Jugend ist Trainer Roland Böller stolz. „Die 16- bis 17-Jährigen sollen das Kernstück für unsere Zukunftspläne werden“, sagt er. Gemeint ist damit vor allem das „Team Olympia 2016“. Gleichzeitig fordert Böller aber auch ein, den jungen Schwimmen Zeit für die Entwicklung zu geben: „In dem Alter kann viel passieren.“ Zukunftsentscheidungen, die nichts mit dem Leistungssport zu tun haben.

Mit insgesamt 27 Startern reisen die Erlanger in die Hauptstadt. „Es gibt kaum eine so große Mannschaft in Deutschland“, so Böller. Zumal die Qualifikation für die DM nicht so einfach war. „Wer das schafft, hat schon eine tolle Leistung gebracht. Das ist nicht alltäglich.“ Deshalb traut er auch jedem seiner Schützlinge, der in Berlin am Start ist, zu, für eine Überraschung gut sein zu können. „Ich bin sehr optimistisch“, sagt er.

25 Trainingsstunden pro Woche

Dass die bis jetzt erbrachten Leistungen nicht von ungefähr kommen, zeigt ein Blick auf das wöchentliche Trainingspensum einer Schwimmerin wie Nadja Müller: 25 Stunden in der Woche gehen da – neben der Schule – für den Sport drauf. An zwei Tagen geht es noch vor dem Unterricht ins Schwimmbad, dazu am Samstagmorgen. Von Montag bis Samstag bittet der Trainer zudem am Abend ins Becken. Eine weitere Einheit wird nach Bedarf festgelegt. „Nadja ist in der 11. Klasse und macht nächstes Jahr Abitur“, fügt Böller hinzu.

Bei den Deutschen Meisterschaften geht es neben den Medaillen auch um die Qualifikation zur Weltmeisterschaft im Juli in Shanghai – „Das kommt für Nadja aber noch zu früh“, sagt Böller. „Sie hat zwar die Perspektive unter die ersten zwei zu kommen, aber die Normzeiten sind etwas schneller als ihre Bestzeiten.“ Auch bei den Jüngeren wird es schwer werden, die Jugendeuropameisterschaften zu erreichen, weil hier zusammen mit dem älteren Jahrgang 1993 gewertet wird. Dennoch ist die DM von überragender Bedeutung, weil es auch wieder um den Sprung in die Bundes- und Landeskader geht.