Organspende: Geteiltes Echo in Erlanger Uniklinik

17.1.2020, 06:00 Uhr
Organspende: Geteiltes Echo in Erlanger Uniklinik

© dpa

In der Uniklinik werden unter anderem im Schnitt pro Jahr 70 Nieren, zehn Herzen, fünf bis zehn Bauchspeicheldrüsen und viele Hunderte Augenhornhäute transplantiert. Bei vielen Fällen ist die Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologie Katharina Heller involviert: Sie betreut an der Uniklinik als Leiterin der Geschäftsstelle des Transplantationszentrums Patienten, die auf eine Transplantation warten, und Menschen, die zu Lebzeiten ein Organ spenden möchten.

"Ob wir mit dem Bundestagsbeschluss nun mehr oder weniger Spender bekommen, bleibt offen", sagt die Oberärztin kurz nach Bekanntgabe des Berliner Abstimmungsergebnisses. Danach lehnte das Parlament die Einführung einer Widerspruchslösung ab und entschied sich stattdessen für einen Gesetzentwurf, der im Grundsatz an der geltenden Zustimmungsregelung festhält, die Entscheidungsbereitschaft aber durch regelmäßige Befragung stärken will.

Fast noch mehr als der Beschluss selbst ist für die Oberärztin etwas anderes wichtig: nämlich die ausführliche Berichterstattung über das Thema in den vergangenen Monaten. "Es ist einfach wunderbar, wie stark Organspende in den Medien vertreten war", betont sie, "die Bürger wurden dadurch wirklich angeregt, sich mit Organspende oder -transplantation auseinanderzusetzen."

Aufklärung ist wichtig

Diese Informationspolitik müsse auch nach der Bundestagsentscheidung weitergehen, findet die Ärztin. "Die Menschen müssen selbst entscheiden", sagt sie. Aber womöglich werde der ein oder andere nun von sich aus schneller einen Organspendeausweis ausfüllen, weil er besser aufgeklärt und angstfreier sei.

Hellers Kollege, der Direktor der Herzchirurgischen Klinik und Sprecher des Transplantationszentrums, Prof. Michael Weyand, sieht den Beschluss hingegen kritisch. "Ich bin sehr enttäuscht", sagt er, "ich erwarte keine Verbesserung, da ich keinen Unterschied zur gegenwärtigen Situation erkennen kann." Der Mediziner fürchtet, dass die Spenderzahlen weiter leicht sinken, aber "sicher nicht steigen" dürften.In der Vergangenheit hatte sich der Tranplantationsexperte in EN-Interviews immer wieder für eine Widerspruchslösung ausgesprochen. 

Die Erlanger SPD-Bundestagsabgeordnete Martina Stamm-Fibich, die zugleich Patientenbeauftragte ihrer Fraktion ist, hatte hingegen bereits im Vorfeld den Gesetzentwurf zur Stärkung der Entscheidungsfreiheit unterstützt und entsprechend gegen eine Widerspruchslösung gestimmt.

Ist sie mit dem Votum zufrieden? "Das hat nichts mit zufrieden zu tun", antwortet sie. Es sei bei der Entscheidung darum gegangen, die Spenderzahlen zu erhöhen und möglichst vielen Patienten auf der Warteliste eine neue Perspektive zu geben.

Gemeinsam mit einem Anfang 2019 vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Organspende sei dieses Ziel näher gerückt. Mit dieser Regelung sollen Kliniken in Deutschland für Organspenden bessere Bedingungen bekommen. Das bringe bereits in der Transplantationsmedizin Verbesserungen. Die in Umfragen geäußerte generelle hohe Bereitschaft zur Organspende soll sich nun in der Praxis niederschlagen, hofft Stamm-Fibich: "Ich wünsche mir, dass sich jetzt mehr für einen Ausweis entscheiden — auch ohne Bevormundung."

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