Pflegenotstand: "Statt Beifall brauchen wir mehr Personal"

12.4.2021, 17:30 Uhr
Pflegenotstand:

© Sharon Chaffin

Der Zeitpunkt für eine erneute Debatte über eine bedarfsgerechte Personalausstattung im Gesundheitsbereich könnte gar nicht besser sein: Während viele Kliniken in Corona-Zeiten nach neuen Mitarbeitern oder Berufsrückkehrern suchen, steht derzeit im Bundestag ein Gesetzentwurf zur Diskussion, der nach Ansicht von Arbeitnehmervertretern genau dieses Problem mit lindern sollte.

Ein Wortungetüm

"Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz", kurz GVWG heißt das Wortungetüm, mit dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unter anderem mehr Transparenz und Qualität in der Versorgung möchte.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) will darin auch eine bedarfsgerechte Personalausstattung festschreiben lassen, um damit die Arbeitsbedingungen in den Kliniken zu verbessern.

Bereits vor mehr als einem Jahr hat ver.di deshalb mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat genau das gefordert. Passiert sei bislang aber nichts, findet die Gewerkschaft – und begleitet den Gesetzgebungsprozess daher an eben jenem Montag im ganzen Bundesgebiet mit coronakonformen kleinen Protestaktionen.

Auch in Erlangen finden sich kurz vor Mittag ein paar wenige Beschäftigte des Uni-Klinikums am Maximiliansplatz ein. "Gesundheit braucht genug Personal" steht auf ihrem ver.di-Banner, ein Satz, der in Zeiten einer Pandemie eine ganz besonders brisante Bedeutung bekommt.

"Jetzt wird die angespannte Lage für alle ziemlich konkret", betont daher Ines Meissner, Personalrätin und ver.di-Vertrauensfrau am Uni-Klinikum im Gespräch mit diesem Medienhaus.Bekannt sei der Zustand aber schon länger. Dennoch würden die Mängel und Defizite im Gesundheitswesen auf politischer Ebene nicht wirklich angegangen, sagt sie; die ihrer Meinung nach unzumutbaren Arbeitsbedingungen blieben unangetastet.

Das Instrument einer bedarfsgerechten Personalausstattung in der Krankenhauspflege läge vor. Inzwischen hat die Gewerkschaft auch ergänzende Regelungen für Intensivstationen und Pädiatrie dazugenommen. "Aber es wird seit langem nur darüber geredet, passiert ist nichts", kritisiert Meissner.

Auch jetzt wird – verständlicherweise – wieder viel über Krankenhäuser und das Gesundheitswesen geredet. Beschäftigte auf Covid-Stationen gelten als "Helden", Klinik-Beschäftigte werden gefeiert. Doch dabei könne und dürfe es nicht bleiben, sagt die Gewerkschafterin und freigestellte Personalrätin. Auch Ines Meissner ist Krankenschwester, sie weiß, wovon sie spricht. "Dem Beifall muss nun etwas folgen", sagt sie. "Worte allein helfen niemandem aus der Misere heraus, nun brauchen wir Taten."

Klare Symbolik

Für diese Taten kämpft sie, dafür steht sie mit weiteren Mitgliedern aus Personalrat und ver.di-Betriebsgruppe im leichten Nieselregen – um dann, natürlich mit Abstand und Mund-Nasen-Schutz, das Transparent um fünf vor 12 Uhr zu entrollen.

Die Symbolik ist klar: "In der Pflege ist es fünf vor zwölf", schlägt ver.di Alarm. "Wobei", sagt Ines Meissner, "eigentlich ist es schon zwölf durch." Das Traurige sei vor allem eines: "Die Leute gehen nicht nach Hause, wenn es noch Arbeit gibt, sie arbeiten bis sie nicht mehr können, und wenn es gar nicht mehr geht, kündigen sie."

Das könnte sich nun, in Corona-Zeiten, noch verschärfen, befürchtet sie. Daher sei es für eine bedarfsgerechte Personalausstattung jetzt wirklich allerhöchste Eisenbahn. Auch für andere Berufsgruppen brauche man diese Regelung. "Das gilt für Reinigungskräfte ebenso wie für Verwaltung, Funktions- und Therapieabteilungen, Handwerker oder die Beschäftigten in Klinik-Apotheken", sagt Meissner.

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