Rahmenbau in Neunkirchen: Damit das Fahrrad perfekt passt

11.5.2021, 19:30 Uhr
Rahmenbau in Neunkirchen: Damit das Fahrrad perfekt passt

© Foto: Harald Hofmann

"Basteln lag mir schon immer. Ich hatte Germanistik und Geschichte studiert und wollte dann zum Journalismus", erzählt Andreas Blüthner. "Aber das war dann doch nicht das Richtige, und heute arbeite ich hauptberuflich in einer Firma für medizintechnische Geräte." Das aber füllte den 37-Jährigen nicht so recht aus. "Über die Fahrradwerkstatt im E-Werk kam der Kontakt mit Felix Kurt zustande. Den habe ich gefragt, ob ich bei ihm arbeiten kann, und schon hatte ich die Zusage."

Felix Kurt, selbst Fahrradrahmenbauer, leitet den Fahrradladen und Reparaturbetrieb "Radieschen" in Neunkirchen. Dort, sowie in Praktika in anderen Betrieben (darunter "Anthrotech" in Eckental) lernte Andreas Blüthner das Handwerk und betreibt es nun seit acht Jahren im Nebenberuf weiter.

Rahmenbau in Neunkirchen: Damit das Fahrrad perfekt passt

© Foto: Harald Hofmann

 "Als Hauptberuf geht das gar nicht mehr", sagt Blüthner, "dazu ist die Kundschaft zu übersichtlich." Die Kundschaft, das sind Radler mit Übergröße (also ab zwei Meter aufwärts) und Aficionados, die auf ihrem Rad übers Wochenende nach Stuttgart und zurück strampeln — aber dann bitte auf einem Fahrrad nach Maßanfertigung.

Der Diamantrahmen ist nach wie vor der übliche Rahmen für Fahrräder. "Entscheidend für die Passgenauigkeit für die Körpergröße des Radlers ist die Länge des Rahmens, nicht die Höhe", meint der Fachmann. "Die Höhe des Sattels ist ja verstellbar, aber wie weit man sich nach vorne beugt, das ist entscheidend."

Rahmenbau in Neunkirchen: Damit das Fahrrad perfekt passt

© Foto: Harald Hofmann

 Erstmal steht ein Vorgespräch an, dann wird gerechnet und gezeichnet. Steht der Plan, geht es los mit der Arbeit. Stahl ist das Material. Aluminium verschmäht Blüthner: "Bis in die Neunziger Jahre hatte man nur mit Stahl gearbeitet, das ist einfach ein erdiger Werkstoff. Aber dann schwappte das Alu von den Rennrädern auf die Alltagsräder über und heute wollen die Leute nur noch schnell mit Alu vorankommen."

Dann wird gesägt, geschweißt und gelötet. Dabei wird das Gestänge in einem Montierrahmen festgeklemmt und verschweißt. 50 bis 60 Arbeitsstunden gehen da schon herum, bis das Fahrrad fertig ist. Manche Teile — eben der Übergröße des Kunden geschuldet — bezieht Andreas Blüthner aus England: "Offenbar sind die Engländer etwas größer als wir."

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© Foto: Harald Hofmann

 Allzu groß ist die Werkstatt nicht: Montierrahmen, Bohrmaschine, Metallsäge, Schweißgerät, Arbeitstisch und Regale mit Zubehör und allerlei Kleinteilen. "Der Fahrradbau ist keine große Kunst, und wer schweißen kann, ein bisschen Ahnung und Spaß daran hat, kann in seinem Keller sein eigenes Rad zusammenbosseln", meint Blüthner in aller Bescheidenheit.

Ohne Meistertitel

Nichtsdestotrotz ist der Fahrradbau ein zwar aussterbendes, aber immer noch ein ordentliches Handwerk. Da Blüthner keinen Meistertitel hat, darf er zwar Fahrräder bauen und Rahmen reparieren — weitere Reparaturen darf er aber laut Vorschrift nicht ausführen. Die besorgt dann der Chef. "Aber das macht gar nichts", beteuert Andreas Blüthner, "jeder bastelt vor sich hin und dabei fachsimpeln wir die ganze Zeit."

 Ein großer Traum steht noch aus: wenn die Corona-Pandemie halbwegs überstanden ist, will Andreas Blüthner mit einem Kumpel quer durch die USA radeln, von August bis Oktober, von New York bis San Francisco. "80 bis 100 Kilometer am Tag wären da schon drin", meint er, "natürlich mit Pausen. Den Mittleren Westen kannst du ja eh nur im Frühling oder Herbst durchqueren."

Und dann noch über die Rocky Mountains? Blüthner winkt ab: "Über den Brenner kommt jeder, der auch den Hetzleser Berg schafft." Natürlich sind die Fahrräder eigenhändig gebaut. Dabei wirken sie eher zierlich. Aber das täuscht: "Das sind Randonneure, also Reiseräder, die waren eine Zeit lang so gut wie ausgestorben. Die sind so konstruiert, dass sie erst seitlich und hinten voll bepackt richtig gut auf der Straße liegen. Schnell wie Rennräder und belastbar wie Packesel."

 Zwar vermag Blüthner Fahrräder dem Kunden auf den Leib zu schneidern, aber bei einem Accessoire muss er passen: der Sattel. "Es gibt Leute, die probieren dafür alles aus und geben viel Geld aus, und scheuern sich trotzdem den Hintern wund", sagt der Fachmann. "Ich habe auch lange gesucht. Den idealen Sattel für mich habe ich in einer Wühlkiste gefunden. Kostete gerademal fünf Euro." 

 

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