Schmunzeln ist erlaubt: Erlanger Trauerredner im Interview

1.11.2019, 14:00 Uhr
Schmunzeln ist erlaubt: Erlanger Trauerredner im Interview

© Archivfoto: Kzenon/Fotolia

Herr Schaufler, an Allerheiligen und Allerseelen legen viele Hinterbliebene Kerzen und Gestecke auf die Gräber ihrer Liebsten. Braucht es solche Tage überhaupt? Bei den meisten ist die Trauer ja allgegenwärtig.

Wenn jemand das nicht braucht, muss er dem auch nicht nachkommen. Es gibt keine Verpflichtung, genau an einem ganz bestimmten Tag den Friedhof aufzusuchen. Ich glaube auch, man hat an Verstorbene immer Erinnerungen. So wie sie einen durch das Leben begleitet haben, sind sie auch nach dem Tod präsent. Wichtig aber ist, der Trauer Platz und Raum zu geben. Ob das der 1. November oder der Geburtstag oder Todestag des Verstorbenen ist, sei dahingestellt.

Wie wichtig sind den Hinterbliebenen Gedenktage wie der 1. November?

Für manche mag es mit Sicherheit wichtig sein, dass sie ein Grab besuchen, für andere hingegen nicht. Ich glaube, es ist heutzutage durch eine veränderte Bestattungskultur mit Friedwald oder Baumbestattungen auch eine veränderte Wahrnehmung für solche Feiertage eingetreten. Die Erinnerung ist oft zuhause präsent, man entscheidet sich ja bewusst für eine solche Form der Bestattung.

Im Herbst rücken Krankheit, Abschiednehmen und Tod ins Zentrum. Wäre es nicht sinnvoller, statt an einem speziellen Tag die Themen das ganze Jahr über aus der Tabuzone zu nehmen?

Es wäre natürlich schön, wenn Vergänglichkeit, Tod und Sterben in der Gesellschaft etwas mehr verankert wären. Aber das Thema wird ausgeblendet, solange bis man von der Realität eingeholt wird. Dann zieht es den meisten oft den Boden unter den Füßen weg und es macht sich eine gewisse Hilflosigkeit breit.

Merken Sie das auch bei den Hinterbliebenen, die Sie betreuen?

Ja, schon. Es kommt hin und wieder vor, dass mir Angehörige bei der Besprechung sagen, ich war noch nie auf einer Trauerfeier und dann fragen: Wie läuft das überhaupt ab? Manche wollen auch wissen, wie man die Trauerfeier am besten gestaltet. Sie erwarten sich Struktur, dass man ihnen Möglichkeiten aufzeigt, wie eine Trauerfeier ablaufen kann.

Schmunzeln ist erlaubt: Erlanger Trauerredner im Interview

Oft ist das auch Zeichen von Hilflosigkeit. . .

Natürlich, das bemerke ich immer wieder. Man war womöglich mit solchen Extremsituationen vorher nicht konfrontiert und weiß daher gar nicht, was auf einen zukommt.

Medizinisch weiß man inzwischen fast alles über das Sterben, und dennoch spricht man selten darüber. Woran liegt das?

Weil es etwas Unangenehmes, etwas Schmerzliches und auch etwas Endgültiges ist. Im Leben geht es normalerweise irgendwie immer weiter, in irgendeiner Form. Aber der Tod ist wirklich eine Zäsur. Es tut weh und mit unschönen Sachen beschäftigt sich keiner gern.

Was möchten Hinterbliebene in Ihren Reden am Liebsten hören, wünschen sie sich eher Anekdoten?

Nach Anekdoten frage ich tatsächlich immer, weil sie der Trauerfeier ein bisschen die Schwere herausnehmen, dann kommt ein kleiner Schmunzler. Die meisten möchten eine Rede, die sehr persönlich und ganz nah an dem Verstorbenen angelehnt ist.

Was sagen Sie den Hinterbliebenen?

Ein Pfarrer kann Angehörigen mit dem Glauben an das ewige Leben Trost spenden. Aber was sagen Sie den Hinterbliebenen?

Es ist die Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit.

Und das reicht den Hinterbliebenen?

Es ist die Dankbarkeit und die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. Wenn man diese Erinnerungen aufleben lässt, dann gibt es den Hinterbliebenen schon Halt und Trost.

Wie wird man denn überhaupt Trauerredner?

Eine klassische Ausbildung oder ein Studium zum Trauerredner gibt es nicht. Bei mir war es vor allem die Freude am Umgang mit Sprache und Stimme, die mich dazu gebracht hat. Den Angehörigen Halt und Kraft geben, ist mein größter Ansporn.

Haben Sie schon selbst den Tod eines nahen Angehörigen erlebt?

Von ganz nahen Angehörigen noch nicht. Aber wir haben uns in der Familie sehr intensiv über das Thema ausgetauscht.

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