Sergej Sacharow will Bürgermut statt Bürgerwut

12.6.2012, 00:00 Uhr
Sergej Sacharow will Bürgermut statt Bürgerwut

© Peter Steger

Sein Namensvetter war Friedensnobelpreisträger und Namensgeber eines Menschenrechtspreises, doch auch Sergej Sacharow, seit März 2011 neuer Oberbürgermeister der russischen Partnerstadt Wladimir, macht sich auf, demokratische Normen zu stärken. Bei seinem ersten offiziellen Besuch in Erlangen lernten er und sein Amtskollege Siegfried Balleis sich auf privater Ebene näher kennen, bevor ein „Arbeitstag“ mit Besuchen und Treffen mit den Bürgermeisterinnen Birgitt Aßmus und Elisabeth Preuß, Ordnungsreferentin Marlene Wüstner, Matthias Hiegl (IZMP), Renate Doeblin (IHK), Prof. Albert Heuberger (Fraunhofer) und Wolfgang Fuchs (Kläranlage) sowie Vertretern von Vereinen und der VHS den zweitägigen Kurzbesuch abschloss.

Sacharow (43) kommt aus der Wirtschaft, war Geschäftsführer einer Telekommunikationsgesellschaft und Besitzer mehrerer kleinerer Firmen, saß aber auch schon als Vertreter einer inzwischen aufgelösten wirtschaftsliberalen Partei im Regionalparlament, bevor der gebürtige Wladimirer vom Stadtrat mit der Mehrheit der Putin-Partei „Einiges Russland“ in sein Amt gewählt wurde.

„Runden Tisch“ installiert

Er gilt als weltoffen und freigeistig, sozusagen als exemplarischer Vertreter der jungen Wirtschaftselite Russlands mit sozialem Gewissen. Seine vorrangigen Ziele, nämlich die Bekämpfung der Korruption und die möglichst breite Einbeziehung der Bevölkerung in das kommunalpolitische Geschehen, zeigen auf, wohin der Weg in der 400000-Einwohner-Kommune – rund 200 Kilometer östlich von Moskau – künftig gehen soll.

Sacharow hat einen Runden Tisch ins Leben gerufen und will damit eine auf 15 Jahre angelegte Strategie für die Partnerstadt aufbauen. Sacharow: „So lassen sich Ideen generieren und ein Verständnis dafür finden, wohin wir uns in Zukunft entwickeln werden und in welcher Stadt die Menschen gerne leben möchten.“

Entscheidend sei für ihn, jedem Bürger das Gefühl zu geben, für das Schicksal seiner Stadt mitverantwortlich zu sein, gehört zu werden und beteiligt zu sein – weg von einer gelenkten Demokratie, mit Bürgermut statt Bürgerwut.

Der Erlanger Wladimir-Experte Peter Steger sieht Sacharow als Meister des Brückenschlags über Grenzen der Politik, der Weltanschauungen und der Länder hinweg mit einem zugänglichen Wesen, ansteckender Begeisterungsfähigkeit und unverwüstlichem Humor, gepaart mit unerhörtem Arbeitspensum und dem Blick für das Wesentliche.

Sacharow – der Erlangen anlässlich der 1000-Jahr-Feier 2002 das erste Mal besucht hat – wurde begleitet von seinem Pressesprecher Sergej Schtschedrin, der Erlangen seit seiner Zeit als Austauschstudent Anfang der 90er Jahre gut kennt und perfekt Deutsch spricht.

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