Unwetter-Katastrophengebiet

So erlebt ein THW-Helfer aus Erlangen die Einsätze

1.8.2021, 12:30 Uhr
Das Ausmaß der Zerstörung durch die Wetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen ist, wie hier in Solingen, immens.

© nordphoto GmBH / Meuter via www.imago-images.de, imago images/Nordphoto Das Ausmaß der Zerstörung durch die Wetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen ist, wie hier in Solingen, immens.

Herr Münch, Sie sind gerade erst zurückgekommen aus NRW. Was haben sie dort gemacht?

Ich war als Zugführer eines Fachzugs Notversorgung und Notinstandsetzung mit 50 Leuten aus sechs Ortsverbänden in Stolberg im Kreis Aachen. Zwei bayerische Fachzüge waren dort im Einsatz. Wir haben vor allem gepumpt und die Notstromversorgung gemacht, mit der Leichenbergung hatten wir nichts zu tun.

Das Schlimmste ist Ihnen erspart geblieben. Dennoch: Waren Sie vorbereitet auf das, was Sie dort vorgefunden haben?

Ein bisschen konnte man durch die TV-Bilder erahnen, was einen erwartet. Aber es ist dann doch etwas anderes, wenn man vor Ort ist. Ein solches Ausmaß an Zerstörung habe ich bisher noch nicht gesehen.

Michael Münch

Michael Münch © privat, NN

Ich hatte schon mehrere Hochwassereinsätze, war 2002 beim Elbehochwasser vor Ort und 2013 in Passau. Dort waren die Keller und Erdgeschosse der Häuser überflutet und voller Schlamm, aber das ist nicht vergleichbar mit den Schäden an der Infrastruktur wie jetzt in Stolberg. Von dem, was ich gesehen habe, gehe ich davon aus, dass noch längere Zeit Bedarf sein wird an Unterstützung und Hilfe durch Einsatzkräfte auch aus anderen Teilen Deutschlands. Ich bin seit zwei Jahren beim THW in einer Auslandseinheit für Trinkwasseraufbereitung, genauer gesagt in der Schnelleinsatz Einheit Wasser Ausland, kurz SEEWA, und wurde jetzt gefragt, ob ich mit dieser Einheit noch einmal ins Katastrophengebiet fahren würde.

Diese THW-Einheit ist speziell für Einsätze im Ausland da?

Für Einsätze in Krisenregionen außerhalb Deutschlands. Der erste Einsatz der damals neugegründeten Auslandseinheit war nach dem Tsunami in Asien.

Aber jetzt wird die Einheit in Deutschland gebraucht.

Ja, in den Katastrophengebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wurden Straßen, ganze Häuser, und eben auch die Infrastruktur zerstört, die zu noch stehenden Häusern hinführt. Viele Häuser sind ohne Strom und Trinkwasserversorgung und deshalb nicht wirklich bewohnbar.

Die Trinkwassersysteme sind entweder ganz kaputt oder so beschädigt, dass das Wasser aus dem Hahn nur noch verkeimt herauskommt. Das THW hat Wasser-Aufbereitungsanlagen - das sind Filteranlagen, um Schmutz, aber vor allem Keime, Bakterien und Viren aus dem Wasser herauszufiltern. Das Wasser wird dann noch leicht mit Chlor versetzt und ist wieder trinkbar.

Inzwischen gibt es Berichte, dass manche Hilfskräfte vor Ort aggressiv angegangen wurden. Welche Erfahrung haben Sie gemacht?

Wir sind sehr freundlich empfangen und mit Applaus von der Bevölkerung verabschiedet worden. Das ist der größte Lohn und Dank, den man sich als ehrenamtlicher Helfer vorstellen kann.

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