Studierende mit Kind fühlen sich in der Coronakrise vergessen

28.4.2020, 06:00 Uhr
Studierende mit Kind fühlen sich in der Coronakrise vergessen

© Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Am Montag wurde unter anderem die Notbetreuung für Kinder ausgeweitet: Nun können auch erwerbstätige Alleinerziehende ihren Nachwuchs in eine Einrichtung geben, die nicht in einem so genannten systemrelevanten Beruf tätig sind. Alleinerziehende Studierende aber kommen in den Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung (bisher) noch immer nicht vor.



Mögliche Schritte einer späteren Ausweitung des Angebots werden derzeit zwar abgestimmt, heißt es auf EN-Anfrage aus dem Sozialministerium. Doch bisher stellt die Regelung im Fall von Alleinerziehenden auf die Erwerbstätigkeit ab, Studierende sind hiervon nicht erfasst. Daher müssen viele Betroffene gerade jetzt zu Semesterbeginn Kinderbetreuung und (Online-)Studium unter einen Hut bringen.

Dass das nicht oder kaum funktioniert, wissen Studierende wie Anja Baier nur zu gut. "Ich bin an meiner Belastungsgrenze angelangt", sagt die 37-Jährige am Telefon. Die Uttenreutherin studiert an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) in Erlangen Politische Wissenschaften und Öffentliches Recht im sechsten Bachelor-Semester, sie steht kurz vor dem Abschluss. Auch ihr Freund studiert, er lebt überwiegend an seinem Studienort Coburg und kann nicht täglich zu seiner Familie fahren.

In Vor-Corona-Zeiten besuchte Sohn Noah (2) das Kinderhaus Buntspecht der Gemeinde Spardorf, dort kann er jetzt aber nicht hin — auch, weil Anja Baier schwanger ist und seit ihrem letzten 450-Euro-Job als Erwerbstätige im Mutterschutz gilt. Auch in diesen Fällen gibt es keine Notbetreuung. "Ich denke, dass es vielen alleinerziehenden Studenten wie mir ergeht", sagt sie.

Für Anja Baier könnte sich die Lage womöglich schon bald etwas entspannen. Auf ihre Anfragen an die zuständigen Gemeinden Spardorf und Uttenreuth hat sich am gestrigen Sonntag nun Bürgermeister Frederic Ruth (Uttenreuth) persönlich an die Studierende gewandt und ihr mitgeteilt, man wolle sie, "so weit es machbar ist", in ihrer Situation unterstützen.


Semesterstart trotz Coronavirus an der FAU in Erlangen


Auch andere Organisationen und Institutionen kennen das Problem und möchten helfen. Das Studentenwerk, das in Erlangen und Nürnberg drei eigene Tagesstätten für Kinder im Alter von einem bis drei Jahren betreibt, würde bei grünem Licht aus München sofort Kinder von Studierenden aufnehmen: "Aber wir dürfen schlicht und einfach nicht öffnen", sagt Geschäftsführer Mathias M. Meyer. Selbst für das eigene Personal, das momentan mit Fragen vieler Studierender etwa zu BaföG-Zahlungen oder Wohnangelegenheiten besonders konfrontiert ist und daher für den Studentenwerks-Chef als systemrelevant eingestuft werden müsste, gibt es keine Notbetreuung für die Kinder.

Eine Kita hatte in der vergangenen Woche für ein Kind geöffnet (Vater: Mitarbeiter der Uniklinik, also in einem systemrelevanten Beruf tätig, Mutter: Studierende). Wenn Studierende etwa im medizinischen oder pflegerischen Bereich, also in systemrelevanten Bereichen arbeiten, ist eine Unterbringung bereits möglich. "Wenn es einen anderen gesetzlichen Entscheid gibt sind wir die ersten, die dabei sind", sagt Meyer.

Auch die Uni bereitet sich auf eine mögliche Ausweitung der Notbetreuung vor. "Die FAU ist in engem Austausch mit den verantwortlichen Stellen und erarbeitet Konzepte, die zum Tragen kommen, sobald es die Vorgaben uns erlauben", erläutert Sprecherin Katrin Piecha.

Doch zumindest eines ist seit kurzem sicher: Für die kommenden drei Monate übernimmt der Freistaat die Gebühren für Krippe, Kindergarten, Hort und Tagespflege. Vorgesehen ist eine Übernahme für Mai bis Juli für diejenigen Kinder, die ihre Einrichtung nicht besuchen können. Eine Regelung, die im Erlanger Rathaus für Aufatmen sorgt. Denn auch dort waren Klagen von Eltern angekommen, die sich über die weiter erhobenen Beiträge trotz geschlossener Betreuungseinrichtungen beschwert hatten.

Bildungsreferentin Anke Steinert-Neuwirth zeigt sich sehr erleichtert: "Die Schließung darf neben dem zusätzlichen Betreuungsaufwand nicht auch noch zu einer finanziellen Belastung der Eltern führen", sagte sie gegenüber dieser Redaktion. Zugleich sei das auch für die Träger der Einrichtungen eine gute Nachricht, denn ohne Unterstützung des Freistaats wären die für den Betrieb erforderlichen Einnahmen spürbar weggebrochen, so die Referentin weiter.


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