Teurer geteerter "Pfusch in Vollendung"

26.4.2013, 16:18 Uhr
Teurer geteerter

© Paul Zinken/dpa

Es geschah am Freitag: Am Spätnachmittag läutete ein Straßenbauarbeiter mit orangener Jacke, wie sie bei Straßenbaufirmen üblich sind. „Er hatte englischen Akzent. Er sagte, sie arbeiten in der Nachbarschaft und reparieren eine Straße. Sie hätten Asphalt übrig, und den könnte ich sehr günstig haben. Meine Auffahrt hätte große Schäden. Er stand immens unter Zeitdruck und hat mich angesteckt. Der Asphalt müsse sofort verarbeitet werden, sonst wird er hart und ist nicht mehr zu gebrauchen“, erzählt der Hausbesitzer, der namentlich nicht in der Zeitung genannt werden will — aber seine Erfahrungen als „Warnung“ verstanden haben möchte.

Wenig später wurde über den Preis geredet: 30 Euro für den Quadratmeter, „ein Schnäppchen“, wurde dem Kommunalpolitiker gesagt. „Ich hatte keine Ahnung, wie viel so etwas üblicherweise kostet, und noch weniger, um wie viel Quadratmeter es sich bei meiner privaten Auffahrt handelt. Schließlich gab ich mein Okay.“

Und so hatte er, der sonst die Geschicke seiner Gemeinde aktiv mitgestaltet, einen gültigen mündlichen Vertrag geschlossen. Dies bestätigte dem Hausbesitzer auch die Polizei, die er vorsichtshalber angerufen und um Auskunft gebeten hatte.

Handwalze im Einsatz

Nach dem Okay ging dann alles blitzschnell: „Fünf Minuten später kam ein Lastwagen mit britischem Kennzeichen. Etwa zehn Mann stiegen aus und hauten mit Spitzhacken Löcher in meine alte Auffahrt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Da alles so unglaublich schnell ging, konnte ich die Aktion nicht mehr stoppen.“

Die zehn Männer mit den Spitzhacken müssen wirklich ziemlich schnell gehackt haben, denn „zehn Minuten später kam ein Lkw und lud den dampfenden Asphalt ab, der dann von den Männern verteilt und mit einer Handwalze bearbeitet wurde“, schildert der Hausbesitzer die Situation.

Spätestens, als die Handwalze zum Einsatz kam, hätte es allerdings bei dem Hausbesitzer klingeln müssen. Handwalzen werden zum Beispiel für Rasen genommen, für Asphalt braucht es schwereres Gerät: Straßenwalzen. Sie sind schwer genug, um Asphalt zu verdichten. Die Verdichtung ist bei Asphalt wichtig, weil nur so Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit gewährleistet sind. Auch sind Straßenwalzen mit einem Messgerät ausgestattet, um die „flächendeckende dynamische Verdichtungskontrolle“ festzustellen.

Dieses Prüfverfahren zur Kontrolle der Verdichtungsleistung von Walzen wird seit 1988 im Straßenbau verwendet. Seit 1998 ist bei Asphaltarbeiten auch eine Mindestauskühlzeit nach Einbau der Deckschicht von 24 Stunden vorgeschrieben.

Schnell verschwunden

In der zirka 120 Quadratmaler großen Einfahrt ging alles schneller: „Nach knapp 45 Minuten war alles vorbei, und der Typ mit der Warnweste wollte bar abkassieren“, sagt der Hausbesitzer. Ein Franke zahlt aber nicht jeden Preis, jedenfalls nicht an der Haustür: „Wir hatten dann noch einen Streit um die Summe, und er ließ fünf Euro pro Quadratmeter nach.“

Es wurde sich auf 3500 Euro für die 45-minütige Arbeit geeinigt. Bar. Weil der Kommunalpolitiker nicht so viel Geld im Haus hatte, fuhr er zur Bank und hob den Betrag ab. Dann bezahlte er — und die Bauarbeiter verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren.

Das große Erwachen kam wenig später. Der Hausbesitzer ließ die Asphaltarbeiten von einem Fachmann begutachten. Ergebnis: „Pfusch in Vollendung mit absolut minderwertigem Material.“ Folge: „Wahrscheinlich muss alles wieder ausgebaut und noch einmal neu gemacht werden.“

Bis dahin muss der Hausbesitzer, der nun vor derartigen Haustürgeschäften warnt, vor dem Betreten seines Hauses unbedingt die Schuhe ausziehen, denn auf dem „minderwertigen Material“ auf der Einfahrt bildet sich ein „schmieriger, klebriger Belag, den man ins Haus schleppt“.

Der Kommunalpolitiker hat Anzeige erstattet: „Inzwischen weiß ich, dass ich wohl Betrügern aufgesessen bin.“ Und die Polizei und die Verbraucherzentralen warnen wieder vor Haustür-Geschäften, die auf Überrumpelung setzen.

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