Tiefflieger über Kleingeschaidt

14.4.2020, 10:00 Uhr
Tiefflieger über Kleingeschaidt

© Ernst Bayerlein

Die Bombenangriffe der Alliierten vor allem auf Nürnberg nahmen immer mehr zu, Ziele waren zum einen die Fabriken der Rüstungsindustrie, zum anderen sollte aber auch die Bevölkerung "mürbe" gemacht und gegen das Hitlerregime und der Weiterführung des Krieges aufgebracht werden.

Draußen auf dem Land erlebte die Bevölkerung nur wenige Bombenangriffe, große Angst hatten die Menschen aber in den letzten Kriegswochen vor den alliierten Tieffliegern. Dies waren kleine einsitzige Jagdflugzeuge mit mehreren Maschinengewehren bestückt die in niedriger Höhe flogen und auf Kraftfahrzeuge oder die Eisenbahn, manchmal auch auf Menschen schossen.

Die Tiefflieger kamen in kleinen Gruppen so zwischen zwei und acht Maschinen. Hatten sie ein Ziel ausgemacht kam ihre Taktik zur Anwendung. Als erstes lösten sich zwei Maschinen von der Gruppe und flogen im Bogen zum Angriff, wobei der erste Flieger austestete, ob sich in Reichweite eine Deutsche Bodenabwehr befand. Für die Opfer ging dann alles sehr schnell, wenn der erste Feuerstrahl nicht traf, kam der zweite.

Einen Angriff auf ein Postauto am Großgeschaidter Berg erlebte Fritz Ziegler als Bub selber mit. Es war ein Motorengeräusch am Himmel von fünf Flugzeugen die von Norden nach Süden flogen. Sie flogen so niedrig, dass man die Hoheitszeichen der Engländer unter den Tragflächen erkannte. Plötzlich kamen zwei Maschinen zurück und griffen ein Postauto auf der Bundesstraße 2 an. 

Die Feuerstöße wurden schon vor dem Ziel ausgelöst und zwar über dem Ort Kleingeschaidt. "Ein ohrenbetäubendes Rattern war das als ginge die Welt unter, wir Buben warfen uns flach auf den Boden", kann sich Fritz Ziegler noch genau erinnern. Dann stieg Rauch aus dem brennenden Postauto auf, die Fahrerin war tot.

Fritz Ziegler hat mehrere Tieffliegerangriffe im Erlanger Oberland aufgelistet, so in Steinbach, einen Weiteren bei Großgeschaidt in Richtung Johannisthal, einen bei Eschenau auf freiem Feld, einen bei Forth auf die Gräfenberg-Eisenbahn und einen weiteren Angriff auf den Personenzug am Großgeschaidter Bahnhof. Eine Frau berichtete, dass ein Tiefflieger sein Ziel zweimal anflog, die Fahrgäste suchten Schutz hinter einer Halle, die neben dem Bahnkörper stand. Der Sockel der Halle ist heute noch sichtbar. Die Lokomotive wurde voll getroffen und durchlöchert, selbst die Räder. Eine Frau wurde von einer Kugel getroffen und verletzt, sie überlebte.

Nach der Einnahme von Kalchreuth am 16. April 1945 stießen die Amerikaner mit Panzer und mit auf Fahrzeugen sitzenden Infanteristen weiter nach Heroldsberg vor. Auf halben Weg, in der ehemaligen Ziegelhütte, heute ein Reitstall, wurde aus einer deutschen Flakstellung heraus geschossen. Die US-Feldartillerie kämpfte sich den Weg frei.

Zuvor waren noch zahlreiche Heroldsberger und auch einige Kalchreuther Zivilisten in der Ziegelhütte. Im Gebäude lagerten nämlich große Mengen Grundnahrungsmittel der Deutschen Wehrmacht und jeder konnte sich nach Herzenslust bedienen.

Es gab zentnerweise Mehl- und Zuckersäcke sowie Fleisch- und Wurstkonserven alles in Kilogramm-Dosen. Das Problem war der Abtransport und die drohende Gefahr von der deutschen Abwehr-Flak, von Aufklärer-Flugzeugen und von Tieffliegern. Der Rückweg nach Heroldsberg war sehr gefährlich. Eine Frau wurde dabei durch Granatsplitter verletzt.

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