Imker aus Kalchreuth

Tote Völker und hungernde Bienen rund um Erlangen

29.11.2021, 10:30 Uhr
"Es war ein Jahrhundertereignis, ein Katastrophenjahr", sagt Imker Maximilian Schminder aus Kalchreuth.

© privat, NN "Es war ein Jahrhundertereignis, ein Katastrophenjahr", sagt Imker Maximilian Schminder aus Kalchreuth.

Es war im Mai, als Maximilian Schminder wie so oft seine Bienenstöcke ansteuerte. Schminder sieht dann ganz ohne Schutzanzug mit den bloßen Händen nach dem Rechten, dass seine Bienen nicht krank sind und genug Futter haben. Sollte eines der wütend umherfliegenden Insekten ihn dann stechen, fühlt sich der Bienenstich nicht viel schlimmer an als ein Moskitobiss - Schminders Organismus hat sich längst ans Bienengift gewöhnt. "Das juckt dann ein wenig, geht aber schnell wieder rum", sagt er.

Stiche schmerzen kaum

Im Mai aber kam es zu keinem Stich, zu keinem hektisch-aufgeregten Umherfliegen seiner Bienen. "Ich habe den Stock geöffnet und meinen Augen erst nicht getraut", sagt der 39-Jährige. 20.000 bis 30.000 Bienen, ein ganzes Volk, lag verhungert und verendet am Boden seines Baus. Vereinzelt hingen Bienen kopfüber in den Waben, nur das Hinterteil schaute heraus - sie hatten den verzweifelten Todeskampf just in dem Moment verloren, als sie vergeblich versuchten, allerletzte Tropfen Nektar aufzusaugen. "Es war ein tottrauriger Anblick", sagt Schminder. "Ich hatte die Situation völlig unterschätzt und niemals damit gerechnet, dass es so schlimm um meine Bienen steht."

Tote Völker und hungernde Bienen rund um Erlangen

© Foto: Christoph Benesch

Schon einmal war ihm vor vielen Jahren ein Volk verhungert, Schminder sagt, es war ein Anfängerfehler. Nun aber, nach Jahren im Honig-Business, war er sich sicher, die Situationen besser abschätzen zu können. 60 Völker mit jeweils 20.000 bis 30.000 Bienen betreibt er an vier Standorten. "Ich habe fast panisch angefangen, alle Stöcke zu checken und musste überall mit dem Schlimmsten rechnen", sagt Schminder.

Nur noch einmal aber kam er zu spät. Alle anderen Stämme waren noch am Leben, aber ebenfalls bereits dramatisch am Hungern. "Bei den Bienen ist das wie bei einem Helikopter: Wenn der Sprit leer ist, stürzen sie ab. Das kann von heute auf morgen schlagartig passieren, wenn man nicht aufpasst." Fast überall musste Maximilian Schminder Notfütterungen vornehmen, spezielle Zuckerteige auslegen, um seine Bienen am Limit wieder aufzupäppeln.

Zu kalt und zu nass

"Die Gründe sind einfach erklärt: Das Frühjahr 2021 war viel zu kalt, der Sommer viel zu nass", sagt der Imker. Es blieben seinen Bienen etwas mehr als gerade einmal 15 Tage, um auszuschwärmen und Pollen zu sammeln. Normalerweise sind sie wochenlang dafür unterwegs. War 2018 noch ein Rekordjahr, ging es seitdem mit der Honiggewinnung Jahr für Jahr kontinuierlich bergab - mit dem Jahrhundertereignis, wie Schminder sagt, 2021. "Ein befreundeter Imker ist seit über 60 Jahren im Geschäft und erzählte, so etwas wie heuer hat er erst einmal erlebt, irgendwann in den 50er Jahren", so Schminder.

Seine Einbußen in Honigmenge beziffert er auf 60 bis 70 Prozent. Noch bis Februar oder März reichen die wenigen Honigvorräte zum Verkauf und zum Verzehr, dann ist Maximilian Schminder erstmals überhaupt ausverkauft. Für 2022 werden die Karten dann ganz neu gemischt, pro Volk überwintern etwa 10.000 Bienen, um in einem dann hoffentlich ertragreicheren Frühjahr und Sommer wieder auszufliegen. "Das ärgerliche ist, dass ausgerechnet meine stärksten Völker verhungert sind." Eine einfache Rechnung: Die größte Menge Bienen benötigt das meiste Futter - und verhungert demnach zuerst, wenn die Vorräte aufgebraucht sind.

Vorräte bald aufgebraucht

Selbst Hunger leiden muss Maximilian Schminder mit seiner Frau und den drei kleinen Kindern glücklicherweise noch nicht - die Imkerei ist für ihn nur ein Nebenerwerb. Ein Hobby und ein netter Zuverdienst, der heuer vermutlich gerade so "auf null" herausläuft. Was dem Unternehmer zudem zu schaffen macht, sind die Absagen der meisten Weihnachtsmärkte. Er hofft nun darauf, dass möglichst viele Kunden den Weg in seine coronagerechte Verkaufsgarage an der Kaufleite 24 in Kalchreuth finden. Hier kann man kontaktfrei die Produkte rund um Honig und Wachs ansehen und kaufen - auch Weihnachtsgeschenke sind darunter. Aber Honig zum Verzehr eben nur noch, so lange der Vorrat reicht.

Einen Onlineshop betreibt Max Schminder unter www.honigton.de

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