Von der hohen Kunst, ein Ei richtig auszublasen

10.4.2009, 00:00 Uhr
Von der hohen Kunst, ein Ei richtig auszublasen

© privat

«Nein, auf keinen Fall», weist Gunda Horlamus die Frage, ob nicht auch unkaputtbare Plastikeier am Osterbrunnen in Kleingeschaidt hängen, empört von sich. «Bei uns sind alle Eier echt, und das Grün für die Girlanden ebenfalls.» Die 69-Jährige ist sozusagen die «Urmutter» des Kleingeschaidter Osterbrunnens. Gemeinsam mit ihrer Freundin Gisa Fischer hatte sie vor 22 Jahren die Idee dazu, nachdem sie den ersten Osterbrunnen in Neunhof gesehen hatte.

Und sie luden ihre Bekannten aus dem Dorf ein. Schon aus Neugierde sind diese gekommen, auch wenn sie anfangs alle behauptet haben, sie könnten gar nicht zeichnen und schon gar keine Ostereier bemalen. Wie fast überall, sind es auch hier in Kleingeschaidt die Frauen, die sich um diese österliche Tradition bemühen. Nur zwei Männer helfen mit, aber auch nur beim Schmücken des Brunnens, eine gute Woche vor Ostern.

Nur einmal verwendet

Beim Malen bleibt das «schwache» Geschlecht unter sich. Ab Anfang Januar sitzen ein knappes Dutzend Frauen zusammen und bemalen die Eier, vorher hat Barbara Reuter, die ortsansässige Schmuckkünstlerin, die Eier mit Batikfarben grundiert, die Frauen verzieren sie dann mit Mustern, meist Ornamente, aber auch Häschen, Hühner oder Blumen. Kein Ei wird zurückgewiesen, weil es künstlerisch vielleicht nicht perfekt ist. Obwohl, im Laufe der Jahre haben sich dabei wahre Künstler entwickelt.

Rund 700 Eier werden so jedes Jahr verziert. Denn in Kleingeschaidt hat jedes Ei nur einmal in seinem Leben den großen Auftritt am Brunnen. Danach verschwindet es zuerst in einem Waschtrog und wird, je nachdem wie stark es verblasst ist, entweder verschenkt oder gleich zerstört.

Die 700 Eier wollen aber nicht nur bemalt, aufgefädelt und an die Girlanden gebunden werden, sie müssen auch zuvor alle ausgeblasen sein. «Ich backe gerne und viel», lacht Gunda Horlamus. Von ihr, oder vielmehr von ihren Zwerghühnern, stammen auch die fast 300 kleinen Eier, welche die Krone des Osterbrunnens zieren.

Besondere Technik

Da man aber zum Kuchenbacken die Eier meist getrennt nach Eiweiß und -gelb benötigt, hat sie sich mittlerweile sogar eine besondere Technik angeeignet: «Am Anfang muss man ganz vorsichtig und langsam blasen, dann kommt nur das Eiweiß, und, sobald der Dotter kommt, muss man ganz schnell sein.»

Der Zusammenhalt, die Dorfgemeinschaft, ist es, was den beiden Küntlerschwestern Barbara und Susanne Reuter bei den «Brunnenfrauen», wie sie sich nennen», am besten gefällt. «Wir waren damals noch recht neu im Dorf und sind vor allem durch diese gemeinsame Arbeit sehr schnell in der Gemeinschaft integriert gewesen», erinnert sich Susanne Reuter. Und das gelte auch heute noch. «Sobald jemand neu hierher zieht, wird er sofort gefragt, ob er nicht mitmachen will.»