Für mehr Arzneimittelsicherheit

Vor einer OP: Erlanger Uniklinik führt extra Medikamentencheck ein

29.11.2021, 06:00 Uhr
Gerade Ältere wissen bisweilen nicht genau, welche Tabletten sie nehmen. Nun gibt es am Universitätsklinikum Erlangen vor Eingriffen ein zusätzliches Angebot, dass die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen soll. 

© Zollfahndungsamt München/dpa/Symbolbild Gerade Ältere wissen bisweilen nicht genau, welche Tabletten sie nehmen. Nun gibt es am Universitätsklinikum Erlangen vor Eingriffen ein zusätzliches Angebot, dass die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen soll. 

"Morgens schlucke ich eine weiße Pille und abends zwei von den runden": Solche Angaben von Patientinnen und Patienten über ihre aktuelle Medikamenteneinnahme sorgen bei Ärztinnen und Ärzten für Stirnrunzeln – und können den Betroffenen sogar gefährlich werden. Gerade ältere Menschen nehmen oft eine Vielzahl von Tabletten ein, die ihnen in unterschiedlichen Praxen verordnet wurden. Daher gibt es nun am Universitätsklinikum Erlangen (UKER) vor Operationen eine zusätzliche Arzneimittelanamnese. Die Idee dazu hatten der Direktor der Chirurgischen Klinik, Prof. Robert Grützmann, und der Chefapotheker, Prof. Frank Dörje, der das neue Angebot im Interview erläutert.

Herr Professor Dörje, nun beraten und begleiten Sie und Ihre Kolleginnen vor Operationen die Patienten bezüglich Ihrer Aufnahmemedikation. Was war der Auslöser für dieses neue Angebot der pharmazeutische Aufnahme?

Prof. Frank Dörje ist Chefapotheker des Universitätsklinikums Erlangen.

Prof. Frank Dörje ist Chefapotheker des Universitätsklinikums Erlangen. © Kühnapfel Fotografie, NN

An jeder Schnittstelle zwischen ambulantem und stationärem Sektor droht ein Informationsverlust. Unser Ziel ist es, die Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit bei der Krankenhausaufnahme durch eine verstärkte interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Krankenhausapothekern noch einmal zu erhöhen und so eine nahtlose medikamentöse Patientenversorgung sicherzustellen.

Wie ist die Medikamenten-Aufnahme denn vorher vor OPs abgelaufen und vor allem wie sieht die Arzneimittelanamnese durch Sie konkret nun aus?

Bisher wurden die eingenommenen Medikamente erst direkt bei der Krankenhausaufnahme auf der chirurgischen Station erfasst. Nun findet bereits einige Tage vor der Operation ein persönliches pharmazeutisches Aufnahmegespräch mit einer Apothekerin statt, bei dem gemeinsam mit der Patientin bzw. dem Patienten alle Medikamente ausführlich besprochen werden – im Idealfall anhand eines mitgebrachten vollständigen Medikationsplans.

Worauf achten Sie da besonders?

Neben potentiellen Wechsel- und Nebenwirkungen liegt das Augenmerk dabei auch auf Medikamenten, die vor einem operativen Eingriff pausiert werden müssen, einige Antidiabetika beispielsweise. Bei unklaren oder lückenhaften Angaben wird ggf. Rücksprache mit der Hausärztin bzw. dem Hausarzt oder den niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten gehalten und auf Basis der individuellen Angaben sowie der Laborwerte anschließend eine gründliche Medikationsanalyse vorgenommen.

Wie kommt das Angebot bei den Patienten an, sind es denn vor allem Ältere, die davon profitieren?

Seit der Einführung unseres zusätzlichen Service ist das Feedback bisher durchweg gut. Gerade ältere Menschen nehmen oft eine Vielzahl von Tabletten ein, die ihnen zudem häufig in unterschiedlichen Praxen verordnet wurden. Dies führt nicht selten zu unvollständigen Medikationsplänen. Kommen bei einer Operation weitere Arzneimittel hinzu, besteht das Risiko, dass es aufgrund der zum Teil lückenhaften Angaben zu gefährlichen Wechselwirkungen kommt. Mit einer vollständigen Arzneimittelanamnese bzw. pharmazeutischen Aufnahme können wir die Sicherheit unserer Patientinnen und Patienten noch einmal deutlich erhöhen.