Vor heißer Phase kalte Füße: „Teufel bei StUB im Detail“

19.8.2012, 12:57 Uhr
Vor heißer Phase kalte Füße: „Teufel bei StUB im Detail“

© André De Geare

Den Widerspruch zwischen seinem jahrelangen Befürworten eines umweltfreundlichen schienengebundenen Verkehrsmittels und seiner nunmehrigen Vorsicht benannte Eberhard Irlinger selber: „Ich habe mit Force die StUB propagiert, kann jedoch jetzt in der Verantwortung die betriebswirtschaftliche Seite nicht außer Acht lassen“. Gleichwohl, räumte Irlinger ein, so nah dran am Beschluss für ein zukunftsweisendes Verkehrsmittel, seien die Gremien noch nie gewesen.

58 Millionen Euro an Investitionskosten würden auf den Landkreis zukommen, nannte er entsprechende Zahlen mit Berufung auf den bei einem Pressegespräch ebenfalls anwesenden Kreiskämmerer Wilhelm Schmidt, Amtsjurist Wolfgang Fischer und Beate Noppenberger, Landkreis-Beauftragte für Personennahverkehr. Dies bedeute für die 25 Landkreisgemeinden eine Erhöhung der Kreisumlage um vier Punkte.

Auf die sich verschärfende Finanzlage für die Gemeinden wies Adelsdorfs Bürgermeister Karsten Fischkal (Freie Wähler) bereits hin, erinnerte Irlinger (die EN berichteten).

Die Kosten für die Investition eines schienengebundenen Verkehrsmittels in T-Form von Nürnberg bis Uttenreuth und nach Westen bis Herzogenaurach würden überdies die finanziellen Möglichkeiten für einen attraktiven öffentlichen Busverkehr – derzeit ein Budget von zwei Millionen Euro im Jahr – stark einschränken.

„Fünf Erledigungsfragen des Kreistags müssen positiv beantwortet werden, sonst sehe ich keine Möglichkeit“, fasste der Landrat zusammen: Gespräche mit Uttenreuth, Buckenhof und Spardorf hinsichtlich einer finanziellen Beteiligung und die Erhöhung des finanziellen Anteils der Stadt Herzogenaurach – momentan sind zehn Millionen Euro zugesagt. Schließlich sei Herzogenaurach mit täglich 13000 Einpendlern einer der Hauptnutznießer.

Dieser „freiwillige Beitrag Herzogenaurachs“ sei dynamisiert, erläuterte Herzogenaurachs Bürgermeister German Hacker dazu auf EN-Anfrage während seiner Fahrt nach Italien. Bekanntlich trage die Stadt Herzogenaurach ohnehin ein Drittel der Kreisumlage und sei somit bei der Finanzierung einer Stadt-Umland-Bahn stark involviert.

31 Kilometer Länge

Angestrebt vom Landkreis, führte Irlinger weiter aus, werde ein besserer Verteilungsschlüssel zwischen der Stadt Nürnberg, der Stadt Erlangen und dem Landkreis Erlangen-Höchstadt, die einen Zweckverband gründen würden. Nach aktuellen Berechnungen würde der Landkreis Erlangen-Höchstadt 36 Prozent der Kosten tragen, entsprechend der genannten 58 Millionen Euro.

Bei 31 Kilometern Gesamtlänge der Stadt-Umland-Bahn entfielen nur sieben Kilometer auf den Landkreis Erlangen-Höchstadt. Daher sei es angemessen, lediglich 22 Prozent der Kosten zu übernehmen.

Auch die augenblicklich zugrunde gelegte Förderquote von 60 Prozent durch den Bund und 20 Prozent Förderquote durch das Land Bayern will man ändern. Eine zehnprozentige Erhöhung der Subvention würde den Kreishaushalt entlasten.

Außerdem will man die als nicht mehr zeitgemäß beurteilte Förderquote der Gleiskörper prüfen lassen. Für die gebe es zurzeit nur Finanzhilfen, wenn sie neben existierenden Bahn-Schienen laufen, nicht jedoch auf Straßen wie bei der Stadt-Umland-Bahn geplant. Schließlich soll geprüft werden, wo günstige Kredite zu erhalten wären.

Beim Zuschuss-Antrag gemäß dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG), der demnächst zu stellen wäre, will man Förderfristen bis 2019 nicht verstreichen lassen. Jedenfalls will man den Hochschulstandort Erlangen/Nürnberg ins Gewicht werfen, nachdem dies für München-Garching seinerzeit zusätzlich gefördert wurde.

Einen GFVG-Antrag zu stellen mit der Option auf Rücktritt vom Projekt, dies sei nicht die gewünschte Vorgehensweise, betonten auch Kämmerer Schmidt und Jurist Fischer.

Zu den jüngsten Stellungnahmen der Industrie- und Handelskammer und von Unternehmen, ein solches Verkehrsmittel gehöre zu einer Wohlstandsregion, wandten Irlinger und die Referenten des Landratsamts dagegen ein: „Man kann sich nicht mit München vergleichen. Wir werden nie StuB-Äste nach Höchstadt oder Weisendorf bauen“. Auch weil nicht geklärt sei, ob das Fahrgastaufkommen erreicht werde, das heißt ob jemand wirklich aufs Auto verzichte. Zumal derzeit „riesige Parkhäuser gebaut werden“ (gemeint ist unter anderem das im Bau befindliche adidas-Parkhaus mit 1549 Auto-Abstellplätzen).

„Ambitioniert“

Zu hinterfragen sei insgesamt der Kosten-Nutzen-Aufwand. Irlingers Resumee: „Für 9,5 Prozent mehr Fahrgäste verglichen mit dem RoBus-System (Regional optimiertes Bussystem) hätte man ein um 80 Prozent höheres Defizit“. Mit einem verdichteten Bussystem, das über eine in jedem Fall bei Kosbach zu bauende Brücke führe, „könnten wir die Ansprüche hinkriegen“, zeigte sich Irlinger überzeugt und verdeutlichte an den Kreistag: „Wer im September die Hand hebt, muss alles auf sich nehmen“. Die Angelegenheit aufzuschieben sei keine Lösung, vielmehr „eine gefährliche Geschichte. Mit Preissteigerungen kostet jedes Jahr zehn Millionen Euro mehr“.

Als „sehr ambitioniert“ sei der Zeitplan von rund 15 Jahren bis zu einer Realisierung einer Stadt-Umland-Bahn bisher immer bezeichnet worden, umschrieb Jurist Wolfgang Fischer die Situation. Daran hat sich wohl nichts geändert in dem „Projekt für die nächsten hundert Jahre“, wie Bürgermeister German Hacker es sieht.

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