Wegen Corona alleine im Rathaus in Möhrendorf

Scott Johnston

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31.3.2020, 06:00 Uhr
Tagsüber am PC im Rathaus, danach Mau-Mau mit den Kindern: Thomas Fischer hat sich auf die Pandemie eingestellt.

Tagsüber am PC im Rathaus, danach Mau-Mau mit den Kindern: Thomas Fischer hat sich auf die Pandemie eingestellt.

So langsam müssen sich die Bürger bis auf Weiteres an dieses Bild wohl gewöhnen: kaum Autos auf den Straßen, ab und zu ein einzelner Fußgänger, Jogger oder Radfahrer auf den Wegen, verschlossene Türen bei den Ämtern, Schulen, Kindergärten und vielen Geschäften. Auch das Möhrendorfer Rathaus ist derzeit für den Parteiverkehr gesperrt.



Die elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung kümmern sich vielmehr von zuhause aus per Homeoffice um dringliche Angelegenheiten. "Da wir an ein Rechenzentrum angeschlossen sind, funktioniert das reibungslos. Wir kommunizieren eben über das Telefon oder per E-Mails", erläutert Bürgermeister Thomas Fischer, der bei der Wahl am 15. März mit 79,1 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt wurde.

Die Telefonzentrale des Rathauses mit der Rufnummer (0 91 31) 7 55 10 ist montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr besetzt. Anfragen oder Hinweise, auch wenn sie per E-Mail eintreffen, werden an den zuständigen Mitarbeiter weitergeleitet, der sich dann bei Bedarf mit dem Betroffenen in Verbindung setzt.

Bürgermeister Fischer selbst erledigt die meisten Dinge nach wie vor überwiegend von seinem Zimmer im Rathaus aus: "Hier habe ich alles zusammen, muss nicht ständig hin und her pendeln, wenn ich etwas brauche. Im Amtsgebäude bin ich schließlich allein, mich kann niemand anstecken, und ich könnte im Fall der Fälle niemanden anstecken."

Feste Sprechstunden hatte er bereits in der Vergangenheit nicht, sondern Termine vereinbart. Gegenwärtig erfolgt der Austausch auch mit ihm per Telefon. Auf der Homepage der Gemeinde hat er hierfür auch seine Handy-Nummer veröffentlicht.

Insgesamt konzentriert sich die Verwaltung auf Vorgänge, die sich nicht aufschieben lassen. Hierzu zählen beispielsweise das Ausstellen eines Passes, die Dokumentation eines Sterbefalls oder das Anmelden nach einem Umzug. "Wenn jemand ein neues Bündel mit Gelben Säcken will, muss er bitte warten", ist der Möhrendorfer Gemeindechef zuversichtlich, dass die Bürger ein wenig improvisieren, um durch diese schwierige Zeit zu kommen.

Auch bei den Recyclinghöfen kann aktuell nichts abgegeben werden. "Hier muss eben jeder einen Platz suchen, wo er die Wertstoffe einige Zeit aufheben kann. Schlimm wäre es, wenn wilde Müllablagerungen jetzt deswegen zunehmen würden", hebt Fischer hervor.

Weit größere Mengen an Müll als Privatleute haben in der Regel Gewerbetreibende. Hier sollte die Aufklärung laut Thomas Fischer verbessert werden: "Wer einen Betrieb hat und bei der Müllumladestation in Erlangen anruft, bekommt dort auch einen Termin."

Insgesamt ist er froh, dass die Möhrendorfer Bürger bislang sehr besonnen mit der Krise und speziell den Ausgangsbeschränkungen umgehen. "Ansätze von Panik lassen sich zum Glück nicht feststellen. Entscheidend ist stets, in welchem Tonfall ich mit den Leuten spreche. Wenn eine Gruppe eng zusammensteht, weise ich freundlich auf die Ansteckungsgefahr hin – und bin bis dato immer auf Verständnis gestoßen." Trotz der momentanen Ungewissheit und des vielfach lahmgelegten öffentlichen Lebens muss er manchmal auch schmunzeln. So fragte ihn ein Mann, ob er denn das Grab seiner Mutter gießen dürfe. Er habe frische Blumen gepflanzt, die sonst verwelken würden. Fischer riet ihm, einfach einen Spaziergang zum Friedhof zu unternehmen: "Greift er dort kurz zur Gießkanne, kann ich mir nicht vorstellen, dass er gleich verhaftet wird."

Positiv sei, dass man im Augenblick mehr Zeit mit der Familie verbringe. Der Bürgermeister wohnt mit seiner Mutter, seiner Frau und den beiden fünf und sieben Jahre alten Kindern in einem Fünf-Personen-Haushalt.

"Corona sei einfach blöd, war die erste Reaktion des Nachwuchses. Kein Schwimmbad, gesperrte Spielplätze – da ist Langeweile scheinbar vorprogrammiert", so der Verwaltungschef.

Doch der Papa kramte die alten Brettspiele heraus, entdeckte ein lange nicht gelegtes Memory und erinnerte sich an die Regeln von Mau-Mau: "Das hat richtig Spaß gemacht." Gleichzeitig sei sein Respekt vor den Lehrern gestiegen. Bei der Hausaufgabenbetreuung habe er nämlich gemerkt, wie anstrengend es sei und wie viel Geduld es erfordere, bei den Kindern über mehrere Stunden die Konzentration aufrechtzuerhalten.

Für ältere Mitbürger haben die Gemeinde und der Seniorenbeirat einen Einkaufsdienst eingerichtet. Wer ihn in Anspruch nehmen will, kann sich an den Beiratsvorsitzenden Prof. Friedrich Franke unter (0 91 33) 48 42 oder an Bürgermeister Fischer unter (0 91 31) 75 51 11 bzw. per E-Mail an buergermeister@moehrendorf.de wenden. Unter diese Mailadresse können sich auch ehrenamtliche Helfer für den Dienst melden.


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