Am Gedenktag für die Vertriebenen

Wegen Corona keine Beflaggung in Bubenreuth

Scott Johnston

E-Mail zur Autorenseite

29.6.2022, 09:00 Uhr
Wegen Corona keine Beflaggung in Bubenreuth

© Klaus-Dieter Schreiter

So hatte ein Leser unsere Redaktion darauf aufmerksam gemacht, dass am Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung in Bubenreuth die Europa-, die Deutschland- und die bayerische Fahne nicht gehisst worden waren, obwohl es so vorgesehen ist. Dieser Gedenktag wird seit 2015 jedes Jahr am 20. Juni begangen und findet zeitgleich mit dem Weltflüchtlingstag statt. Gedacht wird dabei den "weltweiten Opfern von Flucht und Vertreibung und insbesondere der deutschen Vertriebenen", wie es in der offiziellen Regelung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat heißt, auf die sich der Bundestag nach äußerst emotionalen Debatten schließlich 2014 festgelegt hatte.

Angesichts der Verdienste der aus ihrer Heimat vertriebenen Egerländer für Bubenreuth ist es für unseren Leser unverständlich, dass an diesem Tag keine Flaggen hochgezogen wurden. Er weist darauf hin, dass die Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg erheblich zur Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze und der Gewerbesteuer in Bubenreuth beigetragen hätten: "Dankbarkeit und Geschichtsbewusstsein sehen anders aus."

Bürgermeister Norbert Stumpf bedauert den Vorfall sehr, doch hier kommt das leidige Virus ins Spiel. Von elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung waren an dem Gedenktag allein fünf an Covid-19 erkrankt, darunter auch der Mann, der für die Beflaggung zuständig ist..

Der Bürgermeister bemerkte zwar am Nachmittag, dass die Flaggen am Rathaus, am Eichenplatz mit dem Geigenbauerdenkmal und an der Schule nicht gehisst worden waren, und besprach sich mit dem Leiter des Bauhofs. Dabei kamen beide zu dem Schluss, dass es wegen der wenigen Stunden bis zum Abend freilich keinen Sinn mehr ergebe, die Flaggen noch schnell zu hissen.

Dies habe jedoch nichts mit der Wertschätzung für die Vertriebenen zu tun, hebt Stumpf hervor: "Sie haben nach 1945 maßgeblich die Entwicklung unserer Gemeinde vorangetrieben und entscheidend dafür gesorgt, dass unsere Handwerksbetriebe für den Zupf- und Streichinstrumentenbau weltweit einen solch guten Ruf erlangt haben."

Partnerschaft mit Luby

Genauso wichtig wie die Auseinandersetzung mit dem Schicksal der Vertriebenen und die Anerkennung ihres Einsatzes sei die Versöhnung mit den Nachbarländern, die unter dem Zweiten Weltkrieg gelitten hätten, betont Norbert Stumpf. Deshalb habe die Gemeinde nach der Patenschaft auch eine richtige Partnerschaft mit Luby, dem ehemaligen Schönbach, in Tschechien eingegangen. Die heutigen Bewohner der befreundeten Gemeinde könnten nichts dafür, dass sie beziehungsweise ihre Vorfahren einst dorthin umgesiedelt worden seien, so der Bürgermeister.

Er habe heuer extra den Sudetendeutschen Tag in Hof besucht, um sich über das Engagement der Vertriebenen zu informieren, und sich dabei sehr gefreut, dass dort auch die tschechische Nationalhymne gespielt worden sei: "Es bringt nichts, die alten Wunden wieder aufzureißen. Wir wollen ein freundschaftliches Verhältnis mit unseren Nachbarn pflegen. Deshalb liegt uns auch die Partnerschaft mit Luby so am Herzen."

Keine Kommentare