Wegen Hakenkreuz-Post: Frau aus Baiersdorf verurteilt

4.9.2019, 11:30 Uhr
Wegen des Verbreitens verfassungswidriger Symbole stand eine Frau aus Baiersdorf vor dem Amtsgericht in Erlangen.

© Archiv Wegen des Verbreitens verfassungswidriger Symbole stand eine Frau aus Baiersdorf vor dem Amtsgericht in Erlangen.

Angela Merkel hält eine Rede und im Hintergrund ist ein Hakenkreuz umgeben von den Europasternen und Einschusslöchern zu sehen. Das ist der wesentliche Inhalt eines Videos, das im März auf Facebook eingestellt war. Entdeckt wurde es vom Social Mediateam der Bundesregierung, als es einen ziemlich kritischen Kommentar auf dem Facebook-Account der Bundesregierung zurückverfolgte. Als Person, die den Post eingestellt hatte, wurde eine Baiersdorferin ermittelt, genauer: ihr öffentlicher Facebook-Account, auf dem dann auch die scheinbar harmlose Videosequenz hochgeladen war. Denn als Eröffnungsbild zeigt sie einen Bauern, der aus dem Stall kommt. Erst beim Abspielen taucht der politische Inhalt auf.

Die 51-jährige Frau musste sich nun vor Amtsrichter Christian Kretschmar wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten. Sie verteidigte sich damit, dass ein Unbekannter ihren Account widerrechtlich benutzt haben musste. Sie sei ein unpolitischer Mensch, habe aber Hinweise, dass ein Unbefugter Zugriff genommen habe.

Nur "Stammtischparolen"

Aus der Perspektive des ermittelnden Beamten vom Staatsschutzreferat bei der Erlanger Kripo lief das zu beurteilende Geschehen so ab: Er wurde von den Berlinern kontaktiert mit dem Vermerk, dass der Kommentar 100-prozentig vom Account der Angeklagten heruntergeladen wurde. Er selbst prüfte das Vorhandensein nach, sah es und entdeckte daneben viele Tierbilder und die einiger Politiker, aber keinerlei Hinweise auf rechtsextremes Gedankengut, allenfalls "Stammtischparolen".

Der Polizist rief eine Weile später im Juni die Frau an und schilderte ihr auch den Inhalt des Videos. Sie gab ihm die Auskunft, ihr Sohn habe inzwischen das Video gelöscht und auch die Einstellungen ihres Accounts so verändert, dass nur noch ihre Freunde Zugriff hätten. Zu dem Zeitpunkt war das Video nicht mehr vorhanden.

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Der Sohn wurde als Zeuge gehört. Seiner Schilderung nach hat es Anfang August Probleme mit dem Zugang der Mutter zu Facebook gegeben. Er half ihr dabei und kam mit Geschick und Email-Änderung in den Account. Anstelle des Videos habe es einen Hinweis gegeben, dass der Post nicht mehr "inhaltlich verfügbar" sei. Zum Beweis des Zugriffs Fremder legte die Angeklagte einen Standardtext von Facebook vor, der auf den Zugriff über einen anderen Computer oder ein anderes Handy auf den mütterlichen Account hinwies. Wie man sie beispielsweise auch bei Gerätewechsel erhält.

Der Richter beabsichtigte, den jungen Mann zu vereidigen und belehrte ihn deshalb, dass er dies ablehnen könne, weil er als Sohn ein Zeugnisverweigerungsrecht habe. Der Zeuge beschloss, den Eid zu verweigern und wurde umgehend entlassen.

Für den Sitzungsstaatsanwalt war damit der Hergang aus der Anklageschrift bewiesen. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten. Dem Pflichtverteidiger fehlte dagegen ein sicherer Tatnachweis, da nur die Herkunft vom Account der Angeklagten bewiesen sei.

Amtsrichter Christian Kretschmar verurteilte die Frau zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat und zwei Wochen und lag damit ganz am unteren Rand der Strafdrohung der einschlägigen Vorschrift des Strafgesetzbuches.

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