Weißer-Ring-Flyer: Nicht im Erlanger Impfzentrum

28.3.2021, 18:30 Uhr
Weißer-Ring-Flyer: Nicht im Erlanger Impfzentrum

© Symbolfoto: Julian Stratenschulte, dpa

Liebe Seniorinnen und Senioren, wir wissen, dass Ihre Nerven angespannt sind, wenn Sie ins Impfzentrum (IZ) kommen, um sich vor Covid-19 schützen zu lassen. Deswegen hat das zuständige Kulturamt die Räume im ehemaligen Sporthaus Eisert jetzt recht gemütlich gemacht.

Es beauftragte, wie das seine Art ist, Künstlerinnen mit der Ausgestaltung. "Unsere Wegschilder weisen nicht nur die Richtung, ihre spezifischen Formen lassen auch Assoziationen an Schutzschilder, Herzen und Häuser zu", verriet die Malerin diesem Medienhaus, "es ist ein System, das sowohl Sicherheit, aber auch Geborgenheit ausstrahlt."

Und die Künstlerin, die das Interieur optisch plant, assistiert: "Wir haben Räume für Menschen gestaltet. Wir wollten das Impfzentrum zum angenehmen Ort machen."

Großformatige Wolkenbilder

An manchen Wänden sind nun einige großformatige Wolkenbilder zu sehen, deren Motive "ineinandergeschnitten sind, sogenannte Lentikular-Bilder mit Flip-Effekt. Wenn man langsam an ihnen vorbeigeht, setzen sie sich immer wieder neu zusammen und offerieren neue An- und Einblicke" hieß es in dem Bericht. Willkommen im IZ.

Das Kulturamt hat also an alles gedacht – an fast alles. Die Idylle wurde nämlich bedroht: Die Opferschutzorganisation "Weißer Ring" wollte ausgerechnet an dieser Örtlichkeit Flyer auslegen, die vor Telefonbetrug warnen.

Dieses Delikt ist eine sehr gängige und leider auch erfolgreiche Masche, um älteren Menschen Geld abzuknöpfen, viel Geld. Täter geben sich als Enkel des Opfers aus, und bitten dringend um ein paar Hundert oder Tausend Euro für eine Reparatur oder eine kostspielige Behandlung.

Oder ein falscher Polizist warnt penetrant mit der manipulierten Nummer 110 vor einer osteuropäischen Diebesbande, die es auf das Opfer abgesehen habe. In beiden Fällen wird geraten, eine möglichst große Summe von der Bank abzuheben und sie, vielleicht zusammen mit ein bisschen Schmuck, einem Freund oder Kurier zu übergeben. Geld und Wertsachen verschwinden dann in dunklen Kanälen. 

Mit Beschützer-Instinkt

Natürlich ist das IZ ein guter Ort, um darüber aufzuklären, wie die Betrugsmasche abläuft und wie man sich dagegen wehren kann. Denn hierher kommen jetzt viele potenzielle Betrugsopfer aus der Stadt und dem Landkreis, weil ihre Altersgruppe mit der Corona-Impfung dran ist. Sicher, sie sind aufgeregt und sehr gespannt, manche auch ängstlich, aber letztlich gehen sie dann doch zufrieden heim, weil sie gegen die Pandemie (besser) geschützt sind.

Hier kommt der besondere Beschützer-Instinkt des Kulturamts ins Spiel. Denn ganz so, als würden Seniorinnen und Senioren mit zunehmendem Alter immer mehr wieder wie Kinder, an die man Böses am besten nicht heranlässt, sollen sie im Erlanger Wohlfühl-IZ die garstigen Flyer des Weißen Rings gar nicht zu sehen bekommen.

Begründung für das Verbot 

Die Begründung für das Flyer-Verbot muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: "Viele Menschen haben Angst vor Impfungen, auch die unbekannte Situation im IZ macht ihnen Sorge. Wir steuern im IZ selbst mit Kräften dagegen, schaffen eine ruhige Atmosphäre und kümmern uns sorgfältig um die Menschen. Das Thema, das Sie (der Weiße Ring, Anm. d. Red.) aufgreifen, macht also an einer Stelle unruhig, die wir gerade zu beruhigen versuchen".

Im IZ Nürnberg in der Messe gibt es keine Kunst, aber Flyer und Plakate, mit denen die Polizei vor Betrügern warnt und Tipps gibt. In anderen Zentren und Unterzentren in der Umgebung liegen die Flugblätter des Weißen Rings aus.

Und so weit bekannt, ist nirgendwo je ein älterer Mensch verstört oder verängstigt aus dem Gebäude gestürzt. Eher hat der oder die eine oder andere den Flyer mit nach Hause genommen. Könnte ja sein, dass es ein Telefonbetrüger bei ihnen versucht.

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