Wenn die Liebe zum alten Blech niemals rostet

25.6.2018, 15:00 Uhr
Wenn die Liebe zum alten Blech niemals rostet

© Dieter Köchel

"Hier ist der Eingang", ruft er den Besucher zurück, der durchs offene große Tor in die Halle gehen will. Es steht auch deutlich auf der Flügeltür geschrieben "Eingang". So habe in den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts der Eingang in eine Werkstatt ausgesehen, sagt er mit leuchtenden Augen. Durch einen kleinen Flur, der als Wartebereich diente ging es geradeaus in ein Büro, rechts geht es zu Toilette und Waschraum und links zweigt die Tür in die Halle ab. Nach diesem Muster hat Hausmann sein VW-Museum nachgebaut.

Hier steht nicht nur eine Reihe alter VW-Käfer, der 57-jährige gebürtige Amberger, beruflich Chef eines Medizintechnik-Unternehmens in Schweden, hat auch einen Blick für andere Dinge, die hierher passen. Die Türen hat er aus einer VAG-Halle in Nürnberg, die ausgeräumt wurde, ebenso einige Bakelit-Lichtschalter mit Drehknöpfen. Im Flur hängt auch ein Pez-Automat und steht eine Vitrine, in der der Sammler alte Tachometer von VW aufbewahrt und Erinnerungsstücke an die eigene Kindheit. "Es gibt zwei Theorien, wie ich zu meiner Vorliebe für historische Käfer gekommen bin", erzählt Hausmann. "Die eine sagt, das rührt daher, dass mein erstes eigenes Auto als Student natürlich ein VW Käfer war. Die andere", deutet er auf sein Kindergeschirr mit einem eingeprägten Bild eines Käfer Cabrios, "dass das schon viel früher passiert ist". Für die zweite Theorie spricht, dass er schon als Bub Modellautos der Marke VW besaß.

Die Nostalgie-Tour im Museum setzt sich fort, kaum hat man die Halle betreten. Gleich rechts von der Tür steht ein altes Schreibpult. Wendet man sich der Halle zu, fällt der Blick zuerst auf eine Tankstelle aus den 1950-er Jahren. Hinter den Zapfsäulen tut sich ein Augenschmaus auf. Jedem, der je einen VW Käfer gefahren hat, schlägt das Herz höher. Zwei auf Hochglanz polierte Cabrios stehen da, ein Hebmüller Cabriolet schwarz und korallenrot, Baujahr 1950, und ein Karman Cabrio in lind- und dunkelgrün, ebenfalls 1950 produziert.

Vor allem das Hebmüller Cabrio lässt Hausmanns Augen blitzen. Es ist auch wirklich eine automobile Schönheit. "Mit dem Hebmüller Cabriolet machten meine Frau und ich bereits ausgedehnte Reisen nach Sylt und nach Lugano in der Schweiz. Beim Treffen in Hessisch-Oldendorf 2013 waren wir ebenso wie mehr als 20 weitere Hebmüller auf eigener Achse dabei", begeistert er sich.

Und führt weiter zu unmittelbaren Nachkriegskäfern, die zunächst nur an die alliierten Streitkräfte ausgeliefert wurden. In seinem Besitz ist ein grauer 1946-er Standard, der von der Gendarmerie Francaise gefahren wurde, daneben im militärischen Oliv ein britischer Käfer aus der gleichen Zeit.

Tja und dann kommt die 1949-er "Brezel" (will sagen: Käfer mit Heckscheibe in Brezelform). An der Seite klebt noch der Aufkleber "Vintage Volkswagen Challenge 2009, Erlangen-Beijing", Startnummer 1, versteht sich. Denn es war Richard Hausmanns Idee, mit Käfer-Oldies diese Freundschaftstour nach China über eine Strecke von 11 000 Kilometern zu unternehmen. Er, der als Siemens-Mitarbeiter längst in Erlangen beheimatet war, jedoch seit 2005 als CEO von Siemens China arbeitete, kam auf den Dreh, dass die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik China - ebenso wie seine Brezel - in dem Jahr 60. Geburtstag feierten. Also eine Freundschafts-Tour, die er schließlich mit "14 weiteren Verrückten" anpackte, und die nicht nur in Fachkreisen für großes Auf sehen sorgte. Die fünf Käfer samt Begleittrupp wurden mit großem Trara in Erlangen vom damaligen OB Siegfried Balleis verabschiedet und nicht minder begeistert in Peking empfangen, unter anderem vom Deutschen Botschafter.

Doch damit nicht genug. Der agile Manager stieß immer wieder auf VW Käfer, die sein Sammlerherz höher schlagen ließen. In jüngerer Zeit waren dies die sehr raren KdF Käfer, die in den Kriegsjahren 1941 bis 1944 im Auftrag der Nazi-Organisation "Kraft durch Freude" (KdF) gebaut wurden. Einige Prototypen des als "Volkswagen" geplanten Fahrzeugs wurden bereits seit 1938 gebaut. Ursprünglich war die Idee, jede deutsche Familie solle sich ein Auto leisten können. Dafür wurden Sparverträge angeboten. Doch nur wenige Käfer wurden an Privatleute verkauft. Es kam der Krieg und damit wurde aus dem Volkswagen ein Militärfahrzeug: Der Käfer kam als hochbeiniger Kübelwagen oder auch als Schwimmwagen daher, oder eben als Offiziersfahrzeug. Von den insgesamt 612 in den Kriegsjahren gebauten KdF-Käfern gibt es laut Hausmann nur noch 60 Stück, die Hälfte davon sei noch fahrbereit. 

Und jetzt kommt‘s: 20 davon waren am vergangenen Wochenende zum weltweit ersten "KdF only Volkswagen Meeting" zu Gast bei Richard Hausmann im VW-Museum. Neben der Käfer-Parade vor dem Museum mit Grillabend und kleiner Ersatzteilbörse war die gemeinsame Ausfahrt in die Fränkische Schweiz der Höhepunkt des Treffens.

In Sachen VW sicher nicht der letzte Coup von Richard Hausmann, der unterdessen auch einen Feuerwehr-VW-Bus sei Eigen nennt und einen VW-Pritschenwagen, Modell 1953, der in Alaska seinen Dienst verrichtete. Was kommt als Nächstes? Verschmitzt grinst Hausmann und schweigt.

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