Wertvoller Wandteppich fürs Stadtmuseum Erlangen

5.9.2019, 11:08 Uhr
Wertvoller Wandteppich fürs Stadtmuseum Erlangen

© Erich Malter

Zu seinem 100. Geburtstag macht sich das Stadtmuseum selbst das schönste Geschenk: einen überdimensionalen und kostbaren Gobelin aus der Zeit um 1730, der ein weiteres aufschlussreiches Dokument der Stadtgeschichte darstellt.

Durch einen Zufall gelang dem Stadtmuseum unlängst der Ankauf eines äußerst seltenen spätbarocken Wandteppichs, der der bekannten Erlanger Gobelin-Manufaktur von Jean de Chazaux d. J. zugeschrieben wird. Möglich machte den Erwerb das Engagement einer Erlanger Familie – und dies in doppelter Weise. Die Familie Horst und Claudia Gall-Kayser, seit 2001 in Erlangen ansässig und ihrer Wahlheimat sehr verbunden, machte das Stadtmuseum Anfang des Jahres nicht nur auf den zum Verkauf stehenden Wirkteppich aufmerksam, sondern unterstützte den Ankauf des kunsthandwerklichen Glanzstücks Erlangen auch finanziell.

Bei dem durch Expertisen als "echt" qualifizierten Teppich aus der Manufaktur de Chazaux handelt es sich um einen aus Wolle und Seide gewirkten Wandteppich aus der Zeit um 1730 mit den – etwas unpraktischen – Maßen 376 x 365 cm. Der in abgestuften Grüntönen gehaltene Landschaftsteppich, eine Verdure, zeigt eine Hügellandschaft mit großen Bäumen, barockem Schlossgarten, Architekturstaffage und exotischen Vogelpaaren.

Wertvoller Wandteppich fürs Stadtmuseum Erlangen

Stilistisch deutet alles darauf hin, so Werner Heunoske, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Stadtmuseum, dass der Wandteppich aus der renommierten Erlanger Gobelinmanufaktur von Jean de Chazaux d. J. (1700 – 1779) stammt, dessen Vater Jean de Chazaux d. Ä. (1662 – 1728) im Jahr 1703 die Gobelinmanufaktur in der Wasserturmstraße 12 gründete. Der hugenottische Glaubensflüchtling stammte aus der traditionsreichen französischen Teppichstadt Aubusson und ließ sich 1701 in der Erlanger Neustadt nieder, die zu dieser Zeit zur fürstlichen Nebenresidenz erhoben wurde. Mit der Ansiedlung der Manufaktur hatte sich in Erlangen ein Gewerbezweig etabliert, der Luxusartikel für einen höfischen Abnehmerkreis produzierte – dies so erfolgreich, dass die Produktionsstätte 1721 durch das angrenzende Haus Schiffstraße 1 erweitert wurde.

Die Gobelinmanufaktur de Chazaux steht, so OB Florian Janik, als ein herausragendes Beispiel für die Ansiedlung eines französischen Kunstgewerbes in Erlangen und für eine erfolgreiche Zuwanderungspolitik der Markgrafen sowie für die gelungene Integration und Assimilation von Glaubensflüchtlingen.

Am Sonntag zu besichtigen

Insgesamt sind nur 25 Werke bekannt, so Heunoske, die der Erlanger Gobelinmanufaktur de Chazaux zugeordnet werden können. Sie zählen zu den aufwendigsten Luxuserzeugnissen, die damals in Erlangen hergestellt wurden. Die kostbare Neuerwerbung wird im Stadtmuseum am Tag des offenen Denkmals, am Sonntag, 8. September 2019, einmalig ausgestellt, da ihr Format eine dauerhafte Ausstellung derzeit verhindert.

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