Widerstand gegen Bauvorhaben: Wie entwickelt sich Heiligenloh?

12.5.2021, 14:58 Uhr
Widerstand gegen Bauvorhaben: Wie entwickelt sich Heiligenloh?

© Marcel Staudt

Das Mahnmal entsteht derzeit am Krähenhorst 13. Hier werden drei Reihenhäuser fertig gestellt. Wenn ein paar Straßen weiter Eva und Gerhard Bittner den Blick über ihren naturnahen Garten schweifen lassen, dann sehen sie auf der anderen Seite des Gartenzauns ein Einfamilienhaus aus den 1950er Jahren an der Schlehenstraße. Der Bau am Krähenhorst 13 ist für die Bittners ein Mahnmal, weil er ein Referenzbau für das Vorhaben an der Schlehenstraße ist. Das heißt: Auch hier soll das Einfamilienhaus und ein Stück des Gartens weg, dafür entstehen drei Reihenhäuser.

Das Bauamt hat bereits grünes Licht gegeben. Doch so schnell geben die Bittners nicht auf. "Die Mitglieder des Bauausschusses sollen vor Ort kommen und sich selbst überzeugen, dass diese Reihenhäuser nicht in die Umgebung passen", sagt Eva Bittner. Die Reihenhäuser passten deshalb nicht, weil Bäume gefällt werden müssten, Tieren damit der Lebensraum gestohlen werde – und Nachahmern Tür und Tor geöffnet werde. "Wenn dieses Projekt in die Tat umgesetzt wird, ziehen bestimmt andere Grundstückseigentümer nach", sagt Eva Bittner. Vorbei wäre es dann mit den vielen naturnahen Gärten im Gebiet Heiligenlohstraße, Geisbergstraße und Schlehenstraße.

Genau das wollen die Bittners verhindern und sind damit nicht allein. Eva Bittner ging in besagtem Gebiet, das sie "Waldviertel" nennt auf Unterschriftensammlung und fand an nur einem Tag über 80 Unterzeichner. "Wir haben zwei große Krisen in der heutigen Zeit", sagt Bittner, "Artensterben beziehungsweise Klimawandel und fehlende bezahlbare Wohnungen. Leider ist das Projekt auf dem Nachbargrundstück bei beiden Aspekten nicht hilfreich."

Einfamilienhaus gekauft

Damit nicht nebenan in ihrer Wohnstraße das Gleiche passiert, haben die Bittners vor drei Jahren dieses Nachbargrundstück gekauft. Der Garten blieb, wie er war. Das Einfamilienhaus aus den 1950er Jahren wurde renoviert und wird an sechs Studenten für derzeit zehn Euro pro Quadratmeter vermietet. Für die Bittners ist das bezahlbarer Wohnraum.

Das Gleiche sagt Dejan Bogojevic von DF Immobilien über die geplanten Reihenhäuser an der Schlehenstraße. Das Unternehmen erwarb das Grundstück, teilte es in drei Teile und verkaufte an junge Familien weiter. Die Fläche beträgt insgesamt 800 Quadratmeter, das größte Grundstück hat 400 Quadratmeter. Bogojevic redet offen über den Preis: "Der Quadratmeterpreis lag bei über 1300 Euro. Die Plätze für die Reihenhäuser waren nach einer Woche an drei junge Familien verkauft, es gab etwa 50 Interessenten. Daran sieht man, dass der Wohnraum bezahlbar ist. Es gibt eben viele Gutverdiener."

Den Vorwurf, Unternehmen wie seines zerstörten die Natur, lässt Bogojevic nicht gelten: "Für das Vorhaben muss ein Baum gefällt werden, dafür wird in der Nähe ein neuer gepflanzt. Das ist mit der Stadt auch so vereinbart." Bogojevic hat den Eindruck, dass es den Beschwerdeführern eigentlich um andere Dinge geht: "Ich glaube, dass es sich eher um Bedenken hinsichtlich der Baustelle und damit verbundenem Lärm dreht."

1,15 Mio. für 140 Quadratmeter

Im Stadtteilbeirat Alterlangen sind die Bauvorhaben in Heiligenloh längst Thema. "Wir erleben gerade einen sehr intensiven Umstrukturierungsprozess", sagt der zweite stellvertretende Vorsitzende Winfried Stein, der bis zu seiner Pension im Stadtplanungsamt gearbeitet hat. Er verweist unter anderem auf ein sogenanntes Zweihäuser-Projekt, ebenfalls an der Schlehenstraße. Hier baut die Schultheiss Wohnbau AG und sucht für eines der beiden Häuser noch einen Käufer – 140 Quadratmeter Wohnfläche und 360 Quadratmeter Grundstücksfläche kosten 1,15 Millionen Euro.

Winfried Stein weiß, wie ungeliebt solche Neubauten bei Anwohnern sind. Er verweist aber auf zwei Seiten: "Es gibt die Bürger, die wollen, dass es so bleibt, wie es ist. Es gibt aber auch Bürger, die von hier wegziehen und sich beispielsweise in Berlin am Wohnmarkt versorgen müssen." Daher sei es verständlich, dass verkaufswillige Grundstückseigentümer eben an den Meistbietenden veräußern. Und das seien eben meist nicht die Privatleute.

Problem: Alte Baulinienpläne

Das Problem sieht Stein in den Baulinienplänen für Heiligenloh. Die stammen aus dem Jahr 1956 und schreiben vor, dass Neubauten bis zu zwei Wohnschichten haben und in der Regel 20 Meter tief in den Boden ragen dürfen. Von Haus bis Straße muss eine Vorgartenzone von fünf Metern eingehalten werden, "aber sonst gibt es wenig Vorschriften", sagt Stein.

Deshalb hat sich die AG Bauen & Wohnen des Stadtteilbeirats mit dem Thema befasst und möchte im Sommer bei der Stadt angepasste Bebauungspläne beantragen. "Wir wollen Planungsprozesse mit Beteiligung der Öffentlichkeit", sagt Stein, "eine gewisse Veränderung muss es auch in Heiligenloh geben, es sollte aber eine geregelte Weiterentwicklung sein."

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