Wie Erlanger Wärme aus dem Boden nutzen

27.4.2016, 12:00 Uhr
Wie Erlanger Wärme aus dem Boden nutzen

© Foto: Harald Sippel

Die Idee ist genial: Im Winter kann man sein Haus heizen, im Sommer lässt es sich angenehm kühlen. „Elegant und ressourcenschonend“, nennt David Bertermann die Geothermie. Erdwärme gibt es immer und überall, jedem steht sie direkt unter seinen vier Wänden zur Verfügung. Nur, heranzukommen ist aktuell noch sehr aufwendig – und dadurch teuer.

Es gibt verschiedene Systeme. Am einfachsten und damit kostengünstigsten sind horizontale Erdwärmekollektoren (siehe Grafik, Nr. 3). „Das funktioniert wie eine Fußbodenheizung, eineinhalb Meter unter der Erde“, sagt Bertermann. Seit 2007 arbeitet der 40-Jährige am Lehrstuhl für Geologie. Durch die Erdwärmekollektoren und Sonden, im Prinzip nichts anderes als dünne Plastikrohre, fließt wärmeleitende Flüssigkeit.

Das ist meist ein Wasser-Frostschutz-Gemisch, das entweder Wärme aufnimmt oder abgibt. Eine Wärmepumpe setzt die Energie dann für die Heizung im Haus um. Das Problem an horizontalen Systemen: „Diese Anlagen brauchen sehr viel Platz und kommen deshalb nur in wirklich ländlichen Regionen zum Einsatz.“

Zweiter Typ ist ein Erdwärmekorb (siehe Grafik, Nr. 2). Der hat einen nicht ganz so breiten Durchmesser, dafür eine spiralförmige Sonde, die etwas tiefer in die Erde muss. In einer Stadt allerdings braucht auch das zu viel Platz, weshalb man vertikal in die Tiefe bohren muss.

Dafür nutzen Techniker eine Doppel-U-Sonde, die bis zu 100 Meter tief im Boden verschwindet (siehe Grafik, Nr. 1). Doch große Tiefe bedeuten auch hohe Bohrkosten. Eine Bohrung plus Anbindung an ein klassisches Einfamilienhaus kostet rund 5600 Euro, für die gesamte Installation muss man etwa 20 000 Euro einplanen.

Viel Arbeit, bis gebohrt wird

Wie Erlanger Wärme aus dem Boden nutzen

© FAU

„Wir wollen durch innovative Bohrtechniken oberhalb von 50 Meter bleiben“, sagt Bertermann. Der Wissenschaftler entwickelt die neue Technik im Rahmen eines Projekts der Europäischen Union (EU). Es heißt abgekürzt „Cheap“ und ist auf mehrere Jahre angelegt. Verschiedene Universitäten in ganz Europa sind an dem mit insgesamt knapp sechs Millionen Euro geförderten Projekt beteiligt. Die FAU bekam im Sommer vergangenen Jahres den Zuschlag. „Ohne die EU könnten wir daran nicht arbeiten, es ist komplett durch Drittmittel finanziert“, sagt Bertermann.

Der Plan ist, einen neuen Sondentyp zu entwerfen, der spiralförmig verläuft, einen geringeren Durchmesser hat als der Erdwärmekorb, aber eben auch nicht so tief in die Erde reichen muss. „Dadurch lassen sich die Kosten am besten reduzieren.“ Doch wie tief muss die Sonde im Boden versinken, welche Rolle spielt das umliegende Gestein und wie sollte das System geschwungen sein? Auf all diese Fragen sucht Bertermann eine Antwort.

„Zuerst simulieren wir Möglichkeiten mit Computer-Programmen und suchen nach der besten Kosten-Nutzen-Lösung.“ Erst, wenn ein Grundkonzept abgesteckt ist, testen die Wissenschaftler ihre Ideen in der Wirklichkeit. Im September soll es für die Erlanger soweit sein. „In Eltersdorf haben wir ein Testfeld“, sagt Bertermann. „Dort gibt es viel Sandstein und damit nicht die schlechtesten Bedingungen.“ Dass bis zum Beginn der Feldarbeit mehr als ein Jahr vergeht, ist für solche komplexen Projekte normal. „Aber es ist immer schön, wenn endlich gebohrt wird.“

Nur natürliche Hilfsmittel

Das Testfeld in Eltersdorf gibt es trotzdem schon jetzt. Dort arbeitet Bertermann an einem weiteren EU-Projekt namens „ITER“. Das soll die Effektivität von Flächenkollektoren, also horizontalen Systemen, verbessern. Dafür ist extra die Gast-Wissenschaftlerin Eloisa Di Sipio aus Italien angereist. Das Problem, das sie lösen soll: Ist der Sandstein zu trocken, stockt der Wärme-Transport in den Sonden. „Wir wollen auf eine natürliche Art den Boden so verändern, dass er feuchter wird.“ Chemische Mittel spielen keine Rolle.

Dieses Projekt könnte bald erste Ergebnisse liefern, bei „Cheap“ dauert es hingegen länger. Mitte 2019 soll es abgeschlossen und die neue Sonde verfügbar sein. Dann könnte sie auch auf den Markt. Dass es noch lange dauert, stört den Erlanger Wissenschaftler nicht. „Ich finde es angenehm, an nachhaltigen und ressourcenschonenden Konzepten zu arbeiten.“ Bertermann, der auch in der Erdwärme-Gemeinschaft Bayern aktiv ist, motiviert das. So kommt ihm auch die ein oder andere geniale Idee.

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