Wie sich eine kleine Bäckerei gegen Große behauptet

28.4.2019, 20:00 Uhr
Wie sich eine kleine Bäckerei gegen Große behauptet

© Scott Johnston

Als Konrad Körber 1898 eine Bäcker- und Melberei an der Gräfenberger Straße in Neunkirchen gründete, hätte er es sich nie träumen lassen, wie sich die Branche einmal verändern sollte. Mittlerweile ist sein Enkel Friedrich Werner der letzte eigenständige Bäcker im Ort, dominieren die Filialen großer und mittlerer Firmenketten das Bild – erst vor Kurzem ist eine weitere hinzugekommen.

Vier selbstständige Bäcker gab es einst in der Marktgemeinde. "Wir gehörten wie die Metzger oder die Tante-Emma-Läden zu den Nahversorgern. Diese kleinen Geschäfte waren prägend für fast jedes Ortsbild auf dem Land. Dort trafen sich die Bürger nicht nur zum Einkaufen, sondern tauschten sich auch eifrig über Neuigkeiten aus", erinnert sich Friedrich Werner.

Oft war — wie bei seinem Großvater — eine Melberei angegliedert, bei der selbst gemahlenes Mehl verkauft wurde. Doch das ist ebenso Vergangenheit wie die Vorgabe aus jener Zeit, sich als Kunde früh stets zu beeilen, um noch rechtzeitig ein Brot oder Semmeln zu ergattern. War der letzte Laib eingewickelt, bevor man in der Schlange an der Reihe kam, blieb nämlich nur eine Konsequenz: Am nächsten Morgen deutlich eher aus den Federn zu springen.

Oft siegt die Bequemlichkeit

"Heute ist vielen Menschen die Bequemlichkeit wichtiger als der Geschmack", sagt der inzwischen 66-Jährige: "Auch um 18 Uhr sollen in einem Bäckereigeschäft die Regale und die Auslage noch dicht gefüllt sein. In fast jeden Supermarkt ist längst eine Filiale integriert, sodass sich auf einen Schwung die alltäglichen Einkäufe erledigen lassen. Die Standorte befinden sich dabei meist an den Ausfallstraßen am Ortsrand, wo auch Raum für entsprechende Parkflächen ist."

Dennoch sieht er die Bäckereiketten nicht als Konkurrenz. Diese würden sich vielmehr untereinander um den größten Anteil am sprichwörtlichen Kuchen streiten. Er dagegen stellte sich auf die Veränderungen ein.

Das ganze Sortiment bis zum Abend durch ständigen Nachschub anzubieten, wäre für ihn ein zu großer finanzieller Verlust. Auch müsste der Neunkirchener einen Großteil nach Ladenschluss wegwerfen oder der Wiederverwertung zuführen, was er sehr schade fände.

Lieber setzt er auf Qualität und Spezialitäten. So fährt er extra nach Pegnitz, um dort Buchauer Holzofenbrot abzuholen. Von seinem Cousin Otmar Werner in Poxdorf bezieht er unter anderem fränkisches Gebäck, von der Bäckerei Böhm in Uttenreuth vorwiegend Brötchen, weil er weiß, dass viele Kunden dies nachfragen. Er selbst konzentriert sich auf Kleingebäck und Kuchen.

Zwiespältige Romantik

Vor 15 Jahren musste sich Friedrich Werner entscheiden. Er hätte einen neuen Ofen bauen und ihn auslagern müssen. Zu umfangreich sind inzwischen die Auflagen hinsichtlich der Rauchentwicklung und der Abgase. "Einen Holzbackofen findet jeder romantisch, aber daneben wohnen, wenn es so richtig qualmt, will keiner", schildert er die Situation.

Dass er sich nicht darauf eingelassen hat, gegen die Großen anzukämpfen, sondern einen eigenen Weg einschlug, erwies sich als äußerst weise. Seine Stammkunden kommen aus dem weiten Umkreis, aus Erlangen, Nürnberg, Lauf oder Eckental. Die Anfahrt nehmen sie in Kauf, weil sie die angebotenen Backwaren woanders nicht erhalten.

Der Bäckermeister, der 1971 den Betrieb von seinem Vater Martin übernahm, will auch dazu beitragen, dass bestimmte Traditionen nicht aussterben. Dazu gehört, das Angebot nach der Jahreszeit auszurichten. Mittlerweile bekomme man Stollen und Lebkuchen vielfach schon im August, Krapfen oder Zwiebelkuchen sogar das ganze Jahr über. Es sei jedoch auch etwas Schönes, längere Zeit darauf hinzufiebern, wenn es endlich wieder eine Besonderheit gibt.

Die Backwaren ergänzt Friedrich Werner mit Käse von einer Alm in Oberammergau, Wurst von einem Kirchehrenbacher Metzger mit eigener Schlachtung, selbstgemachten Nudeln, Eiern von heimischen Bauern, Honig aus der Region und verschiedenen Bio-Marmeladen von Beerenzüchtern in Niedermirsberg bei Ebermannstadt.

Seine beiden Söhne haben zwar die Prüfungen als Bäcker- und Konditormeister abgelegt, arbeiten jetzt allerdings in der Metallverarbeitung beziehungsweise in der Immobilienbranche. Einer von ihnen hilft am Samstag, wenn die Schlange im Laden sehr lang ist, mit.

Sollte er einmal aufhören, ist Friedrich Werner dennoch zuversichtlich, dass er das Geschäft an einen Nachfolger weitergeben kann: "Wer als kleiner Bäcker nicht auf Massenware, sondern auf qualitativ hochwertige Produkte mit Seltenheitswert setzt, vermag durchaus in dieser Nische zu überleben."

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