Winter in Corona-Zeiten: Mit mehr Knochenbrüchen in Kliniken

16.2.2021, 14:00 Uhr
Winter in Corona-Zeiten: Mit mehr Knochenbrüchen in Kliniken

© Eduard Weigert

"Wir haben natürlich mehr Knochenbrüche", sagt dann auch Tim Schlegel, Chefarzt der Anästhesie im Kreiskrankenhaus St. Anna in Höchstadt.

Für die gestiegene Zahl an Patienten, die seit einigen Tagen vermehrt die Notaufnahme aufsuchen, sei aber nicht unbedingt das Rodeln in Kalchreuth schuld, betont der Mediziner. Damit meint er die jüngsten Unfälle auf einem beliebten Rodelhang am nördlichen Ortsausgang der Gemeinde.

Allein am Wochenende waren dort zwei Menschen verunglückt, die den Einsatz von Rettungskräften erforderten. Zur ihrer Bergung war auf der winterlichen Piste neben einem Rettungshubschrauber sogar unter anderem die Bergwacht Lauf-Hersbruck und Nürnberg im Einsatz.

Man müsse aber nicht Rodeln und Skifahren. "Die Menschen fallen hier auf auch auf die Nase und rutschen auf Eisplatten aus", berichtet er. Auch am gestrigen Montag kamen wieder Patienten mit Schenkelhalsbruch und Radiusfraktur in das St. Anna-Krankenhaus.

Gerade Schenkelhalsbrüche seien für die Kliniken ein Riesen-Problem, da sie nach Vorgaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft innerhalb von 24 Stunden operativ versorgt werden müssen. "Das ist ganz schwierig für die Krankenhäuser, es so schnell in den OP-Plan einzufassen, dass alle in diesem Zeitraum ordnungsgemäß behandelt werden", erklärt Schlegel weiter. Sonst gebe es Abschläge.

Da die Kliniken aber derzeit Betten frei lassen und etwas weniger operieren sollen, seien die Kapazitäten als Folge "rarer als sonst", sagt der Anästhesist. "Aber wenn draußen Schnee liegt und die Menschen hinfallen, müssen die Eingriffe gemacht werden, das ist ein Riesenproblem für uns Krankenhäuser, und wenn wir das nicht innerhalb von 24 Stunden schaffen, kriegen wir weniger Geld."

Zu der ohnehin angespannten Corona-Lage in den Klinken komme erschwerend hinzu, dass sich die Menschen aufgrund der Wetterlage verletzen, sagt Schlegel. Von Schenkelhalsfrakturen sind mehr Ältere betroffen, von gebrochenen Hand- und Sprunggelenke eher Jüngere.

Mit 80 Planbetten

Was das kleinere Kreiskrankenhaus mit 80 Planbetten merkt, spüren auch die Gróßen. Erst am vergangenen Wochenende hatte Schlegel, der auch Pandemie-Beauftragter der St. Anna-Klinik ist, eine Online-Corona-Koordinierungskonferenz mit Kollegen aus der Umgebung: "Sie haben alle diese Problematik und mussten teilweise am Samstag und Sonntag bis zu fünf Schenkelhalsbrüche versorgen, die OP läuft durch, obwohl wir keine aufschiebbaren Eingriffe machen dürfen und Tumor-OPs aufgeschoben werden, weil die Intensivkapazitäten geschont werden müssen."

Doch ein Oberschenkelhalsbruch zähle als Notfall und müsse gleich behandelt werden.

Anstieg schon seit mehreren Wochen

Auch im Erlanger Universitätsklinikum registriert man schon seit mehreren Wochen eine steigende Anzahl von Wintersportunfällen. Der Höhepunkt war in den letzten Tagen.

Der Direktor der Unfallchirurgischen Klinik – Orthopädischen Chirurgie, Prof. Mario Perl, hat die Unfälle extra nach Arten unterschieden. Demnach gab es allein durch das Schlittenfahren am Wochenende (inklusive Freitag) sieben, zum Teil schwere, Unfälle, dazu 22 Unfälle wegen Eisglätte und 12 wegen Schlittschuhlaufen, drei verschobene Unterschenkelfrakturen mussten sofort operiert werden.

Zum Einen sind es Kinder, zum Anderen 40- bis 50-Jährige, die die Ambulanz deswegen aufsuchen. "Wir haben sonst deutlich weniger Schlitten- und Schlittschuhunfälle, sonst sind es mehr Skiurlaub-Heimkehrer, die wir behandeln, das fällt in diesem Jahr ja weg", erläutert Perl.

Für die Behandlung in der Notfallambulanz stellten die Patienten kein Problem da, für die Betten mache es jedoch durchaus einen Unterschied, da noch immer Corona-Patienten in der Klinik sind und man für diese Betten braucht.

Nichts gegen Bewegung an der frischen Luft

Bei den OP-Kapazitäten spielt es ebenfalls eine große Rolle, da es viel Ressourcen verbraucht, wenn man plötzlich mehrere Operationen hat. "Das ist schon eine ordentliche Zusatzbelastung", sagt Perl. Gegen Bewegung an der frischen Luft hat der Mediziner nichts, das ist gesund. "Nur", sagt er, "man sollte seine Grenzen kennen."

Das Waldkrankenhaus sprach bereits am Sonntag von 20 Prozent mehr Patientenkontakten.

Polizei mahnt zur Vorsicht

Damit die Verletztenzahlen nicht weiter in die Höhe schnellen, mahnt die Polizei zur Vorsicht: "Gerade bei Tauwetter kann es sein, dass sich durch das Schmelzwasser nachts stellenweise Eisflächen bilden", sagt Peter Lechler von der Inspektion Erlangen-Land, "da ist es gut, auf Straßen und Gehwegen achtsam zu sein."

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